Bericht: Merkel wusste schon vergangene Woche von Astrazeneca-Problem

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einem
Medienbericht zufolge bereits am Freitag vergangener Woche vom
erneuten Anpassungsbedarf beim Impfstoff von Astrazeneca erfahren -
vier Tage vor der bundesweiten Entscheidung, das Präparat nur noch
Menschen über 60 Jahren zu spritzen. «Angesichts der nationalen
Tragweite der Entscheidung bat die Bundeskanzlerin darum, auch die
Expertise des Ethikrates und der Nationalen Akademie der
Wissenschaften Leopoldina hinzuzuziehen», sagte eine
Regierungssprecherin dem Online-Portal ZDFheute.

Dem Bericht zufolge informierte der Chef der Ständigen Impfkommission
(Stiko), Thomas Mertens, vergangene Woche sowohl Merkel als auch
Kanzleramtsminister Helge Braun (ebenfalls CDU), dass der Impfstoff
für bestimmte Altersgruppen aller Wahrscheinlichkeit nach erneut
gestoppt werden müsse. Eine Stiko-Sprecherin sagte dem ZDF: «Am
Freitag fand ein Gespräch zur Information zwischen Prof. Mertens und
dem Bundeskanzleramt statt.» Am Dienstag beschlossen Bund und Länder
dann, dass das Präparat in der Regel nur noch Menschen über 60
gespritzt werden soll.

Hintergrund ist, dass bei 2,7 Millionen verabreichten
Astrazeneca-Dosen 31 Verdachtsfälle einer sogenannten
Hirnvenenthrombose gemeldet wurden. In neun Fällen verlief die
Erkrankung tödlich.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen kritisierte die
Vorgehensweise des Kanzleramts. «Die Bundesregierung hat offenbar
trotz Wissens um die neuerliche Notwendigkeit von Anpassungen der
Impfempfehlung nicht die Abstimmung mit den Leitungen der Kliniken
und Impfzentren vor Ort gesucht.» SPD-Gesundheitsexperte Karl
Lauterbach sagte dem Portal hingegen: «Es war richtig, dass der
Entscheidung der Stiko nicht vorgegriffen wurde, weil die Daten das
gesamte Wochenende über noch geprüft wurden.»