EU-Staaten finden in Streit um Impfstoffe keine einheitliche Linie

Brüssel (dpa) - Im erbitterten Streit um Corona-Impfstoffe haben die
27 EU-Staaten am Donnerstag keine einheitliche Linie gefunden.
Österreich, Tschechien und Slowenien lehnten einen
Kompromissvorschlag zur Aufteilung von zehn Millionen Impfdosen ab,
wie der österreichische Kanzler Sebastian Kurz bestätigte. Die Menge
wird nun wie üblich nach Bevölkerungsgröße vergeben.

24 Staaten - darunter Deutschland - verabredeten nach Angaben von
Diplomaten aber ohne die drei Länder eine Spendenaktion, um Staaten
mit besonders großem Impfstoffmangel zu helfen. Insgesamt geben 19
Staaten gut 2,8 Millionen Dosen ab. Damit sollen Lücken in Estland,
Lettland, der Slowakei, Kroatien und Bulgarien ausgeglichen werden.
Deutschland verzichtet nach diesem Modell auf rund 500 000 Impfdosen
zugunsten der fünf Staaten.

«Es ist ein wichtiges Signal in der Coronakrise, dass die ganz große
Mehrheit in der EU Solidarität mit den besonders vom Impfstoffmangel
betroffenen Ländern zeigt», erklärte ein EU-Diplomat. «Es ist
bedauerlich, dass Österreich, Slowenien und Tschechien ausscheren und
sich dieser solidarisches Geste verweigern.»

Kurz beklagt seit Wochen eine ungleiche Verteilung der Impfstoffe
unter den 27 Mitgliedern. Deshalb beauftragte der EU-Gipfel vorige
Woche die EU-Botschafter, eine ins zweite Quartal vorgezogene
Lieferung von zehn Millionen Biontech/Pfizer-Dosen so aufzuteilen,
dass Löcher gestopft werden.

Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft schlug vor, drei der zehn
Millionen Impfdosen für sechs besonders bedürftige Länder zu
reservieren: Bulgarien, Kroatien, Estland, Lettland, die Slowakei und
Tschechien. Die übrigen sieben Millionen Impfdosen sollten nach
Bevölkerungsanteil unter allen 27 Staaten verteilt werden. Damit
waren Österreich, Tschechien und Slowenien aber nicht einverstanden.

Kurz erklärte in Wien, Österreich bekomme nun 199 000 Impfdosen statt
139 000, das sei «ein solides Ergebnis». Der Grund für die Ablehnung

sei, dass Tschechien nicht die nötigen Impfdosen erhalte. Österreich
werde nun mit anderen Mitgliedstaaten beraten, «wie wir Tschechien im
Sinne der europäischen Solidarität bilateral unterstützen können»
.

Grundsätzlich gilt: Jeder der 27 Staaten hat Anspruch auf einen
Anteil nach Bevölkerungsstärke. Schöpft ein Land dies nicht aus,
können andere EU-Staaten diese Mengen aufkaufen. Einige Regierungen
setzten besonders auf Astrazeneca und sind nun wegen Lieferproblemen
im Hintertreffen. Österreich bestellte weniger von Johnson & Johnson
und befürchtet deshalb Lücken.