Deutlich mehr Covid-Patienten - Astrazeneca-Impfung nur noch ab 60

In den Kliniken werden wieder mehr Covid-19-Patienten behandelt - und
die sind jünger. Die Umstellung der Impfungen mit Astrazeneca auf
über 60-Jährige kostet erneut Zeit. Zugleich arbeiten einige Kommunen
an Öffnungs-Modellen für bessere Zeiten.

Mainz (dpa/lrs) - Auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko)
werden in Rheinland-Pfalz nur noch Menschen ab 60 mit dem Präparat
von Astrazeneca gegen das Coronavirus geimpft. Zugleich steigen die
Infektionen in der dritten Welle der Pandemie deutlich. Dies macht
sich auch in den Krankenhäusern bemerkbar - rund 1200 Patienten pro
Tag wie auf dem Höhepunkt der zweiten Welle werden bis spätestens
Ende April erwartet. Und die Patienten sind deutlich jünger. Ein
Überblick:

IMPFUNGEN: Menschen im Alter von 60 bis 69 können sich bereits ab
nächsten Mittwoch bei den Impfzentren registrieren lassen. Für diese
Altersgruppe sei jetzt mehr Impfstoff da, sagte Gesundheitsministerin
Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) am Mittwoch in Mainz. «An der
Impfreihenfolge ändern wir in Rheinland-Pfalz aber nichts.»
Die Impfkampagne werde durch die neue Entscheidung aber erneut
zurückgeworfen. Denn fast 60 000 Termine müssten neu organisiert
werden. Etwa 20 000 dieser vergebenen Termine würden in den
Impfzentren storniert und bis Ende April neu vergeben.

Auch die ab Mitte April vergebenen Zweitimpfungen mit Astrazeneca
würden zunächst abgesagt. Diese könnten um zwei Wochen auf Anfang Mai

verschoben werden, weil zwölf Wochen zwischen Erst- und Zweitimpfung
möglich seien. Die Stiko hat eine Empfehlung für Ende April zu den
Zweitimpfungen für diese Gruppe angekündigt.

KRANKENHÄUSER: «Die Entwicklung in den Krankenhäusern ist ernst»,
sagte Bätzing-Lichtenthäler. Sie verzeichneten einen kontinuierlichen
Anstieg und die Patienten seien deutlich jünger als in den ersten
beiden Wellen. Die Zahl der Intensivbetten sei um rund 500 auf mehr
als 1600 aufgestockt worden und das Personal größtenteils zweimal
geimpft. Zudem könnten innerhalb von sieben Tagen 433 Betten plus
Personal in den Notbetrieb gehen und es gebe auch darüber hinaus noch
Beatmungsgeräte. Die Krankenhäuser aller Versorgungsstufen trügen zur

Versorgung der Covid-19-Patienten bei, dafür seien eigene Netzwerke
geknüpft worden.

INZIDENZ: Die Inzidenz der Corona-Infektionen hat sich im März mehr
als verdoppelt. Zu Beginn des Monats registrierte das
Landesuntersuchungsamt 49,6 Infektionen auf 100 000 Einwohner
innerhalb von sieben Tagen. Am Mittwoch waren es 113,6. Am letzten
Tag des Monats wurden den Gesundheitsämtern 870 neue
Corona-Infektionen gemeldet. Aktuell sind 10 807 Menschen im Land mit
dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Stand: 14.10 Uhr). Das ist der
höchste Wert seit dem 5. Februar. Die Zahl der Patienten, die mit
oder an dem Virus starben, stieg um 6 auf 3328. Die höchste Inzidenz
gibt es aktuell in der Stadt Speyer mit 215,6. Danach folgen Worms
(208,3), der Kreis Neuwied (207,9) und die Stadt Ludwigshafen
(182,3). In der Landeshauptstadt Mainz liegt der Wert bei 120,8.

MODELLKOMMUNEN: Kommunen und Kreise mit einer Inzidenz von unter 50
können sich mit verschiedenen Konzepten für behutsame
Öffnungsschritte aus dem Lockdown nach Ostern bewerben. Diese sollen
zugleich wissenschaftlich begleitet werden. Von den 36 Kreisen und
Städten waren am Mittwoch nur noch 3 unter einem Wert von 50:
Bernkastel-Wittlich (19,6) sowie die Städte Kaiserslautern (48,0) und
Trier (48,4). «Das scheint jetzt gar nicht in die Zeit zu passen»,
sagte der Vorstandsvorsitzende der Unimedizin Mainz, Norbert Pfeiffer
zum Thema Modellkommunen. «Aber es wird ja mal besser.» Und die
Enwicklung dieser Konzepte sei «nicht trivial».

APPELL: Bätzing-Lichtenthäler forderte die Bürger auf, sich trotz
aller Pandemiemüdigkeit auch über Ostern an Kontaktbeschränkungen und

die Hygieneregeln zu halten. «Es hat jeder selbst in der Hand, das
exponentielle Wachstum abzuflachen.» Pfeiffer, ergänzte: «Die
Pandemie wird in der Bevölkerung besiegt durch die Einhaltung der
Maßnahmen und des Impfens.» 

NOTBREMSE: In Koblenz gilt wie in Mainz von Donnerstag an auch eine
Ausgangsbeschränkung zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr. Beide Städte
erließen noch weitere Einschränkungen, nachdem die Inzidenz mehrere
Tage über 100 war.

HOTSPOTS: Städte und Kreise mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr
als 200 müssen von Donnerstag an in Rheinland-Pfalz strenge Regeln
beachten. Der Einzelhandel - Buchläden, Baumärkte, Blumengeschäfte,
Gärtnereien, und Gartenbaumärkte - dürfen dann nur noch für
Einzel-Terminshopping öffnen, wie das Gesundheitsministerium in Mainz
am Mittwoch mitteilte. Dabei werden nach vorheriger Vereinbarung
Einzeltermine vergeben, bei denen ausschließlich Personen aus einem
Hausstand gleichzeitig Zutritt gewährt wird. Es gilt zudem die
Pflicht zur Kontakterfassung. Die Regelungen für Friseure, Fahr- und
Musikschulen werden um die Testpflicht ergänzt. Gruppenunterricht ist
verboten. Sport im Freien ist nur alleine oder mit Menschen des
eigenen Hausstandes zulässig. Bei Fahrten im privaten Auto mit
Menschen aus verschiedenen Hausständen gilt für die Mitfahrer eine
Maskenpflicht.

SCHULEN: Nach den Osterferien kann in Regionen mit einer
Sieben-Tage-Inzidenz über 100 wieder auf den Fernunterricht
umgestellt werden. Darüber beraten die Behörden vor Ort.
Grundsätzlich bleibe es aber nach den Ferien beim Wechselunterricht
in geteilten Klassen, teilte das Bildungsministerium mit. «Unsere
Daten aus dem laufenden Jahr zeigen, dass es trotz des veränderten
Infektionsgeschehens im Wechselunterricht weiterhin zu sehr wenigen
Übertragungen kommt», sagte Philipp Zanger, der für das
Landesuntersuchungsamt die Infektionszahlen an Schulen analysiert.
«Die Hygienekonzepte an den Schulen funktionieren offensichtlich sehr
gut.»