Verfassungsgericht urteilt im Sommer über Teil-Lockdown

War der Teil-Lockdown im November mit der Schließung von Gaststätten
und Hotels verhältnismäßig? Die Thüringer Verfassungsrichter fassen

dazu kritisch bei Gesundheitsministerin Werner nach. Ein Urteil steht
aber noch aus.

Weimar (dpa/th) - Der Thüringer Verfassungsgerichtshof wird erst im
Sommer über die Rechtmäßigkeit der Corona-Verordnung zum
Teil-Lockdown im vergangenen November entscheiden. Ein Urteil zur
Klage der AfD-Landtagsfraktion, die die angeordneten Schließungen für
unverhältnismäßig hält, werde am 16. Juni gesprochen. Das kündigt
e
Gerichtspräsident Stefan Kaufmann am Mittwoch in Weimar nach mehr als
vierstündiger Verhandlung an.

Die Landesregierung hatte aufgrund steigender Infektionszahlen die im
November geltende Schließung von Hotels, Gaststätten sowie
Freizeiteinrichtungen wie Theater und Museen verfügt. Geschäfte,
Schulen und Kindergärten blieben damals aber noch geöffnet.

Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) verteidigte die
Schließungen und sprach von einer dramatischen Situation. «Hätten wir

die Maßnahmen nicht ergriffen, wären wir recht schnell zum Kollaps
gekommen», sagte sie mit Blick auf die Belastung des
Gesundheitswesens. Auch sei das Parlament beteiligt und Änderungen in
der Verordnung aufgenommen worden.

AfD-Fraktionschef Björn Höcke kritisierte die Corona-Politik hingegen
scharf und kündigte in Weimar zugleich einen Volksentscheid dagegen
an. Höcke sprach von der «größten Grundrechtseinschränkung in der

Geschichte der Bundesrepublik» sowie einer Schneise der Verwüstung
durch die Wirtschaft. «Corona ist weder die Cholera noch die Pest.»

In der Verhandlung wurde lange darüber diskutiert, ob die
bundesgesetzlichen Grundlagen für die Verordnung ausreichend waren
und ob in dieser Frage das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
angerufen werden müsse. Gerichtspräsident Kaufmann hielt sich zudem
nicht mit kritischen Fragen an Gesundheitsministerin Werner zurück:
«Warum schießen Sie mit der Bazooka und machen alles platt? Wieso
musste man diesen pauschalen Rundumschlag machen?» Aus seiner Sicht
wäre etwa auch der begrenzte Zutritt zu Museen möglich gewesen.

Kaufmann äußerte indes auch Zweifel an der Zulässigkeit der
AfD-Klage. So bestünden gewisse Bedenken, dass der Antrag nicht
hinreichend begründet sei. Das bedeute aber noch nicht, dass die
Klage generell unzulässig sei.

Die AfD-Fraktion hatte bereits drei frühere Verordnungen der
Landesregierung angefochten. Die Verfassungsrichter bescheinigten
daraufhin der rot-rot-grünen Landesregierung handwerkliche Fehler.
Anfang März erklärten sie aus formellen Gründen die früheren
Verordnungen rückwirkend in Teilen für nichtig. Die drastischen
Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie stellten sie jedoch
seinerzeit in ihrem Urteil nicht infrage.