aktualisiert) Berlin stoppt vorerst Impfungen mit Astrazeneca für unter 60-Jährige

Berlin impft Menschen unter 60 Jahren erst einmal nicht mehr mit
Astrazeneca. Dies gilt laut der Gesundheitssenatorin als
Vorsichtsmaßnahme. Für sie gibt es Gründe.

Berlin (dpa/bb) - Das Land Berlin hat die Corona-Impfungen mit dem
Wirkstoff des Herstellers Astrazeneca für Menschen unter 60 Jahren
vorerst ausgesetzt. Das Impfen damit in Impfzentren, Krankenhäusern
und auch Arztpraxen sei vorsichtshalber eingestellt worden, sagte
Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag und
verwies auf neue Daten über Nebenwirkungen. In Deutschland waren
mehrere Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in
zeitlichem Zusammenhang zur Astrazeneca-Impfung gemeldet worden. Auch
Brandenburg reagierte mit einem vorläufigen Impfstopp.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen am Dienstagabend
in einer Sondersitzung über den weiteren Umgang mit dem Impfstoff des
Herstellers Astrazeneca beraten. Das kündigte Kalayci an. Mit dem
Bundesgesundheitsministerium solle zudem darüber beraten werden, wie
bei Menschen, die schon eine Erstimpfung haben, mit den
Zweitimpfungen umgegangen werde. Auch in anderen Orten in Deutschland
wurden die Impfungen eingeschränkt.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Corona-Impfung mit
Astrazeneca nur noch für Menschen über 60 Jahren, wie die
Expertengruppe am Dienstagabend mitteilte. Zur Zweitimpfung von
Menschen, die bereits die erste Dosis Astrazeneca erhalten haben,
will die Stiko bis Ende April eine Empfehlung abgeben.

«Wir haben in Berlin noch keinen schweren Fall von Nebenwirkungen,
Gott sei Dank», betonte die Gesundheitssenatorin. Das Präparat biete
einen sehr guten Impfschutz. «Dieser Impfstoff sichert, dass man
keine schweren Krankheitsverläufe hat», betonte sie. Trotzdem müsse
man vorsichtig sein und die Beratungen auf Bundesebene abwarten.

Auch die landeseigenen Kliniken Charité und Vivantes in der
Hauptstadt stoppten bis auf Weiteres die Astrazeneca-Impfungen mit
Verweis auf Fälle von Hirnvenenthrombosen in Deutschland. Die
Aussetzung dieser Impfungen galt bei den Kliniken zunächst für Frauen
unter 55 Jahren. Beide Kliniken haben den Stopp inzwischen ebenfalls
auf Menschen unter 60 Jahre ausgedehnt.

Deutschland und zahlreiche andere Staaten hatten die Impfung mit dem
Astrazeneca-Stoff im März vorübergehend ausgesetzt, weil mehrere
Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem
Zusammenhang zur Impfung gemeldet worden waren. Der Impfstoff wurde
dann wieder verabreicht. Die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema
hatte die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Ständige
Impfkommission in Deutschland hatte sich für einen weiteren Einsatz
den Mittels ausgesprochen.

Der Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen hatte bereits am Montag
die Corona-Schutzimpfung von Frauen unter 55 mit dem Wirkstoff von
Astrazeneca vorläufig gestoppt. Nachdem eine geimpfte Frau (47)
vergangene Woche gestorben war, sei dem Kreis nun der Verdacht auf
«eine schwerwiegende Erkrankung» einer 28-Jährigen nach der Impfung
mit Astrazeneca gemeldet worden, hieß es. Beide hatten laut Kreis
eine Sinusvenenthrombose erlitten.

In Deutschland sind bislang 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach
Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca bekannt, wie das
Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am Dienstag berichtete. Bis Montagmittag
(29.3.) waren dem Institut 31 Fälle gemeldet worden; in 19 Fällen
wurde zusätzlich eine Thrombozytopenie gemeldet. In neun Fällen war
der Ausgang tödlich, wie das für die Sicherheit von Impfstoffen
zuständige Institut in Langen berichtete.

Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen laut PEI alle Meldungen Frauen
im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57
Jahre alt. Laut dem Impfquoten-Monitoring des Robert Koch-Instituts
wurden bis einschließlich Montag 2,7 Millionen Erstdosen und 767
Zweitdosen von Astrazeneca gerimpft.