Gutachten: Klare Pandemie-Vorgaben des Bundes an Länder möglich

Berlin (dpa) - Der Bund kann den Ländern über das
Infektionsschutzrecht weitreichende Vorschriften zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie machen, die diese genau umzusetzen hätten. Zu diesem
Ergebnis kommt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des
Bundestags, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
Demnach kann der Bund «die Maßnahmen zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie vollumfänglich gesetzlich regeln», weil er die
Gesetzgebungskompetenz für das Infektionsschutzrecht hat.

Wörtlich heißt es in der von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble

(CDU) in Auftrag gegebenen Ausarbeitung: «Es ist zulässig, dass der
Bundesgesetzgeber detailreiche und strikte Regelungen trifft, die
weitgehend auf unbestimmte Rechtsbegriffe verzichten und so wenig wie
möglich Ermessen einräumen. Beim Gesetzesvollzug durch die Länder
bestünde in einem solchen Fall wenig Spielraum.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den Ländern am Sonntag zu
erkennen gegeben, dass der Bund von den Möglichkeiten des
Infektionsschutzgesetzes Gebrauch machen könnte, wenn diese die
bereits beschlossenen Maßnahmen gegen die Pandemie nicht umsetzen.
Sie ließ bislang offen, an welche Punkte sie konkret denkt.

Nach der Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags
kann der Bund zum Beispiel vorgeben, welche konkreten Maßnahmen im
Falle der Überschreitung eines bestimmten Inzidenzwertes in einem
Gebiet - etwa in einem Landkreis - ergriffen werden müssen.

Er kann demnach auch Maßnahmen zum Infektionsschutz in Schulen
anordnen. Zwar liege das Schulwesen nach dem Grundgesetz in der
ausschließlichen Kompetenz der Länder. Übe der Bund seine Kompetenz
aber auf dem Gebiet des Infektionsschutzes aus, indem er zum Beispiel
die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen normierte,
so täte er dies nicht mit dem Ziel, das Schulwesen zu regeln. Der
Schwerpunkt solcher Maßnahmen läge im Bereich des Infektionsschutzes
und beträfe nicht das Schulrecht, heißt es in dem Gutachten.