Corona-Tests in Firmen sorgen für Zoff Von Andreas Hoenig, dpa

Können Sie sich in ihrem Betrieb schon auf das Coronavirus testen
lassen, falls Sie vor Ort arbeiten? Falls nicht: Wirtschaftsverbände
haben mehr Anstrengungen angekündigt. Die Kanzlerin aber ist
unzufrieden.

Berlin (dpa) - Eine Corona-Testpflicht für Unternehmen rückt näher -

die Wirtschaft aber ist dagegen und geht zunehmend auf
Konfrontationskurs zur Bundesregierung. Arbeitgeberpräsident Rainer
Dulger erklärte am Montag, die privaten Unternehmen hätten ihre
Testanstrengungen stark ausgeweitet: Wer ständig eine gesetzliche
Regelung androhe, erkenne dieses Engagement nicht an. «Ein Testgesetz
schafft nicht mehr Schutz, sondern mehr Bürokratie, mehr Kosten,
weniger Eigeninitiative und einen Haufen ungeklärter rechtlicher und
organisatorischer Fragen.» Auch das Handwerk lehnte eine Testpflicht
ab.

Die Wirtschaftsvertreter regierten auf Aussagen von Bundeskanzlerin
Angela Merkel. Die CDU-Politikerin hatte sich am Sonntagabend in der
ARD-Sendung «Anne Will» mit der Umsetzung der Selbstverpflichtung der
Wirtschaft unzufrieden gezeigt - dass jeder Mitarbeiter, der nicht im
Homeoffice ist, sich möglichst zweimal pro Woche testen lassen kann
und dies auch bescheinigt wird. Sie habe den Eindruck, dass dies
nicht flächendeckend umgesetzt werde. Man müsse das Testen in den
Betrieben «wahrscheinlich» verpflichtend machen.

Die Debatte kommt zu einer Zeit, in der das Verhältnis zwischen
Politik und Wirtschaft nicht das Beste ist. Wirtschaftsverbände waren
wegen der später von Merkel gekippten «Osterruhe» auf die Barrikaden

gegangen. Kritisiert wird außerdem das vergleichsweise langsame Tempo
beim Impfen. Auch die Kritik an einer schleppenden Umsetzung der
Corona-Hilfen reißt nicht ab.

Mit Blick auch auf die steigenden Infektionszahlen forderte Dulger
als Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände: «Gerade in dieser schwierigen Situation können
Politik und Wirtschaft nur gemeinsam viel erreichen.» Am 8. April ist
ein erneuter «Wirtschaftsgipfel» mit Wirtschaftsminister Peter
Altmaier (CDU) geplant.

Allerdings müssen sich die Unternehmen fragen lassen, ob sie genügend
dafür tun, um die Pandemie einzudämmen - in Sachen Testen, aber auch
in Sachen Homeoffice. Der Vorsitzende des Deutschen
Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, sagte: «Die Selbstverpflichtung
allein reicht nicht. Viel zu viele Arbeitgeber weigern sich immer
noch, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Testangebote müssen
verpflichtend sein und die Kosten müssen von den Arbeitgebern
getragen werden.» Jeder persönliche Kontakt, der sich vermeiden
lasse, helfe, das Infektionsgeschehen kleiner zu halten.

Eine Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags Mitte
März hatte ergeben, dass 19 Prozent der Betriebe regelmäßig Tests
anbieten und 28 Prozent der Firmen planen, dies in Kürze zu tun. Die
Hälfte der Betriebe hatte damals noch keine konkreten Pläne für eine

Teststrategie - allerdings arbeiteten laut Umfrage 23 Prozent der
Firmen ausschließlich im Homeoffice. Dazu kommt, dass viele Firmen
etwa in der Gastronomie im Lockdown sind.

Noch vor Ostern wollen die Spitzenverbände einen Bericht zur
Umsetzung der Tests vorlegen. Zwar dürfte die Zahl der Unternehmen,
die solche anbietet, deutlich gestiegen sein. Die Frage aber ist, ob
die Messlatte der Bundesregierung erreicht wird. Kanzleramtsminister
Helge Braun hatte der «Bild am Sonntag» gesagt: «Klar ist, wenn es
nicht zwei Drittel bis drei Viertel der Firmen sind, ist es zu
wenig.» Merkel hatte von «Richtung 90 Prozent» gesprochen.

Im Handwerk steige die Zahl der Betriebe, die teste, so
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer: «Nur mit einer gesunden und
leistungsstarken Belegschaft kann schließlich ein Betrieb ohne
Produktionsausfälle funktionieren und unseren Kunden sichere
Dienstleistungen anbieten.» Es brauche keine gesetzliche
Verpflichtung.

In der Wirtschaft wird zugleich auf Lieferschwierigkeiten verwiesen.
Es stünden derzeit nicht genügend Test-Kits zur Verfügung, so
Wollseifer. Dagegen hatte die Bundesregierung allgemein betont, es
seien inzwischen ausreichend Schnelltests auf dem Markt.

Streit zwischen Politik und Wirtschaft gibt es auch beim Thema
Homeoffice. Merkel kritisierte in der ARD, die Umsetzung sei «lasch»
geworden. Arbeitgeber sind nach der Corona-Arbeitsschutzverordnung
verpflichtet, Homeoffice anzubieten. Arbeitnehmer sollen das Angebot
annehmen, soweit sie können.

Kommt es nun zu mehr Kontrollen, wie Merkel andeutete, oder zu
schärferen Vorgaben? Das Land Berlin ist schon vorgeprescht, weil aus
Sicht der Landesregierung die Regeln auf Bundesebene nicht ausreichen
und Firmen zu wenig aktiv geworden seien: Berliner Unternehmen müssen
50 Prozent ihrer Büroarbeitsplätze im Homeoffice anbieten.