WHO-Experten bekräftigen These des Corona-Ursprungs beim Tier Von Christiane Oelrich und Annette Birschel, dpa

Woher stammt das Coronavirus? Das herauszufinden kann helfen,
ähnliche Pandemien in Zukunft zu verhindern. Die Suche ist ein
politisches Minenfeld. Das hat auch mit dem Ex-US-Präsidenten Trump
zu tun.

Genf/Amsterdam (dpa) - Der Ursprung der weltweiten Coronapandemie
liegt aller Wahrscheinlichkeit nach im Tierreich. Diese schon
mehrfach geäußerte These untermauert auch das Expertenteam, das im
Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Januar und Februar
im chinesischen Wuhan war. Das Team beurteilt es in seinem mit
Spannung erwarteten Abschlussbericht zu der Reise als «wahrscheinlich
bis sehr wahrscheinlich», dass das Virus von einem Tier über einen
Zwischenwirt auf den Menschen übergesprungen ist. Der Bericht lag der
der Deutschen Presse-Agentur in Genf vor. Die These, dass das Virus
aus Versehen aus einem Viren-Labor entwich und sich verbreitete, gilt
demnach als «extrem unwahrscheinlicher Weg».

Die drei Labore in Wuhan, die mit Coronaviren arbeiten, seien gut
gemanagt und hätten keinerlei Fälle von Atemwegserkrankungen in den
Wochen und Monaten vor Dezember 2019 verzeichnet, heißt es in dem
Bericht. Nach ihren Angaben sei vor dem Ausbruch auch nicht mit
diesen Viren gearbeitet worden. Nicht untersucht wurde die Hypothese
einer absichtlichen Verbreitung oder absichtlichen Herstellung des
Sars-Cov-2 zur Verbreitung, wie es weiter hieß. «Letzteres wurde von
anderen Wissenschaftlern nach Analysen der Genome ausgeschlossen.»

Die WHO wollte den Bericht am Dienstag zunächst den 194
Mitgliedsländern präsentieren und ihn anschließend am Nachmittag
veröffentlichen. Zuvor hatten einige Medien aus dem Entwurf zitiert.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus wollte sich am Montag noch nicht
zu Einzelheiten äußern. Er betonte aber mehrfach: «Alle Hypothesen
sind auf dem Tisch und müssen weiter untersucht werden.»

Die niederländische Virologin Marion Koopmans, die Teil des Teams
war, wies die Darstellung zurück, dass die Wissenschaftler in China
nicht frei hätten arbeiten können. Das hätten sie und das Team nicht

so empfunden. «Es ging nun einmal um eine sehr komplexe
Untersuchung», sagte Koopmans. Daran seien sehr viele Menschen aus
vielen Bereichen beteiligt gewesen. Dann könne man nicht einfach
schnell alle Daten erwarten. «So funktioniert das nicht.»

Die WHO-Expertenreise nach China war im geopolitischen Umfeld mit den
Spannungen zwischen den USA und China von Anfang an höchst heikel.
Der frühere US-Präsident Donald Trump sprach vom «Wuhan-Virus» oder

«China-Virus» und warf China vor, die weltweite Ausbreitung nicht
rechtzeitig gestoppt zu haben. Peking war deshalb um so mehr darauf
bedacht zu verhindern, als Urheber der Pandemie an den Pranger
gestellt zu werden. So hat China den Besuch der unabhängigen Experten
monatelang hinausgezögert. Um die Teilnehmer und das genaue
Arbeitsprogramm wurde ewig gefeilscht.

Team-Leiter Peter Ben Embarek räumte spezielle Arbeitsbedingungen
ein. «Die Politik stand immer im Raum», sagte der dänische
Wissenschaftler der Zeitschrift «Science». «Wir hatten zwischen 30
und 60 Kollegen, und viele von ihnen waren keine Wissenschaftler,
nicht aus dem Bereich öffentliche Gesundheit.» Das WHO-Team umfasste
17 Experten, die die Arbeit teils aus dem Ausland unterstützten.

Das Team hatte zum Ende der Mission Anfang Februar gesagt, es sei
«extrem unwahrscheinlich», dass das Virus aus einem Labor in Wuhan
entwichen sei. Kritiker argwöhnten, dass dies auf chinesischen Druck
hin passierte. In «Science» verteidigte Embarek die Einschätzung. Das

Team habe von dritter Seite keine belastbaren Hinweise erhalten, um
anderslautende Vermutungen zu stützen. Er fügte hinzu: «Die Tatsache,

dass die die Hypothese als extrem unwahrscheinlich eingestuft wird,
heißt nicht, dass sie unmöglich ist. Wir schließen diese Tür nicht.
»

China pocht darauf, auch in anderen Ländern nach einem möglichen
Ursprung des Virus zu suchen. Die Regierung propagiert die These, das
Virus könne auch aus dem Ausland über tiefgefrorene Lebensmittel nach
China eingeschleppt worden sein. Auf einigen Importprodukten waren
Viren gefunden worden. Das hat Embarek aber schon mehrfach als höchst
unwahrscheinlich zurückgewiesen. Es stelle sich allenfalls die Frage,
ob die Viren über den lokalen Handel mit Tiefkühlprodukten aus
Südchina nach Wuhan gebracht wurden, sagte er Mitte Februar.