Schweizer Epidemiologe trotz steigender Corona-Zahlen für Öffnungen

Zürich (dpa) - Anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel hält ein
Schweizer Epidemiologe immer neue Verschärfungen der Corona-Maßnahmen
für kontraproduktiv. «Mehr Maßnahmen nützen nichts, wenn die Leute

nicht mehr mitmachen», sagte Manuel Battegay, der ehemalige
Vizepräsident der Schweizer Corona-Taskforce, der Zeitung «Blick»
(Montag). Er wirbt deshalb trotz steigender Infektionszahlen für
Öffnungsschritte.

Die Schweiz hat seit Beginn der Pandemie deutlich weniger
Beschränkungen verhängt als Deutschland. Hotels und Skigebiete
mussten nicht schließen, Geschäfte, Museen und Zoos sind seit Anfang
März überwiegend wieder geöffnet. Restaurants sind dagegen
geschlossen. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner ist in der Schweiz von rund 80
Mitte Februar auf mehr als 120 in der Woche vom 15. bis 21. März
gestiegen. Auf täglicher Basis veröffentlicht das Bundesamt für
Gesundheit nur die 14-Tage-Inzidenz. Sie lag am Montag bei 262,4.

Andere Länder würden Maßnahmen wieder verschärfen, «aber mit mä
ßigem,
das heißt vor allem nicht anhaltendem Erfolg», meinte der Chefarzt
der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene am Unispital Basel.
«Man kann nicht immer noch mehr verbieten.» Vielmehr müssten Menschen

über ihr persönliches Risiko informiert werden. «Einem
übergewichtigen Mann, der älter als 50 ist, an Bluthochdruck und
Diabetes leidet, würde ich davon abraten, ein Bier auf einer
Restaurantterrasse vor einer vollständigen Impfung zu nehmen», sagte
Battegay.

Der Arzt hält kulturelle Anlässe für möglich, wenn die
Zuschauerzahlen begrenzt werden und Schutzkonzepte vorliegen. Auch
Restaurantterrassen sollten bald wieder geöffnet werden - mit
Kapazitätsbeschränkungen und Reservierung, um Gedränge zu verhindern.

Verschärfungen seien nötig, wenn die Ansteckungsrate und
Krankenhauseinweisungen stark steigen. Das sieht Battegay bei der
aktuellen Lage aber nicht.