Personalmangel und Corona: Hamburgs Hebammen sehen sich am Limit

Während viele Bereiche des Lebens wegen Corona heruntergefahren sind,
haben Hebammen genauso viel zu tun wie vorher - wenn nicht sogar
mehr. Mehr Kolleginnen gibt es in den Kliniken dennoch kaum. Der
Hebammenverband Hamburg warnt vor Überbelastung.

Hamburg (dpa/lno) - Geburtshilfe mit Schutzmontur, deutlich längere
Beratungszeiten, nötige Doppelschichten bei coronapositiven
Gebärenden und kaum neue Kolleginnen: Hamburgs Hebammen arbeiten dem
Hebammenverband zufolge derzeit am Limit und wünschen sich endlich
mehr Verstärkung in den Kliniken. «Ich mache mir große Sorgen um die

Kollegen. Da ist es nicht nur fünf vor zwölf, sondern zwölf», sagte

Verbandsvorsitzende Andrea Sturm der Deutschen Presse-Agentur in
Hamburg. Um diese Situation zu verbessern, sei es endlich an der Zeit
für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. «Personalmangel
an den Kliniken herrscht ja schon lange. Bundesweit ist jahrelang an
allem gespart worden, vor allem am Gehalt.»

Der Hebammenverband Hamburg plädiere dafür, dass die Geburtshilfe im
Ganzen neu gedacht werde: «Gerade eine Eins-zu-eins-Betreuung nicht
nur während der Geburt, sondern bereits mit Beginn der
geburtsrelevanten Wehen ist wichtig.»

Zudem sei es nicht sinnvoll Leistungen auf Geburtsstationen nach
Handgriff, also nach rein medizinischer Handlung, abzurechnen. «Das
muss aufhören. Das kann so nicht sein. Die kompetente Beratung und
die persönliche Begleitung durch die Schwangerschaft und durch die
Geburt sind in diesem System nicht beinhaltet.» Für gute Geburten in
den Kliniken seien bis 30 Prozent mehr Personal nötig, ist Sturm
überzeugt.

Hebammen müssten zudem Tag für Tag mit Risikopatienten arbeiten -
denn als solche werden Schwangere von der Weltgesundheitsorganisation
im Zusammenhang mit Corona eingestuft - und hätten dennoch bislang in
den meisten Fällen keinen oder einen geringeren Corona-Bonus
bekommen. «Viele Kliniken haben den nicht an Hebammen ausgezahlt. Das
ist nicht motivierend.» Nun hofft Sturm darauf, dass ihre Kolleginnen
bei der zweiten Runde der Bonuszahlungen bedacht werden. In Hamburg
arbeiten Sturm zufolge rund 350 festangestellte und freiberufliche
Hebammen.

Die durch die Corona-Zeit entstanden Ruhe habe aus Sicht der Hebammen
den Frauen eine problemlosere Stillzeit ermöglicht: Deutlich mehr
Frauen können demnach ohne Probleme ihre Neugeborenen stillen. Das
liege vor allem am reduzierten Besuch auf den Stationen und im
Wochenbett. «Die Ruhe für Erstgebärende ist doch deutlich
ausgeprägter. So haben sie mehr Konzentration, mehr Erholung und
weniger Verunsicherung durch zu viel Input von außen.»

Ein Lichtblick sei zudem, dass nun so langsam auch die Hebammen gegen
Corona geimpft würden. «Das ist ein wichtiger Schritt für die eigene

Sicherheit - auch, wenn die Hygieneregeln natürlich weiter einhalten
werden müssen.»