Chile will Delegiertenwahl für Verfassungskonvent verschieben

Santiago de Chile (dpa) - Angesichts des rasanten Anstiegs der
Corona-Zahlen soll die Wahl der Delegierten für eine
Verfassungsgebende Versammlung in Chile vom 10. und 11. April auf 15.
und 16. Mai verlegt werden. «Morgen werden wir dem Kongress ein
Verfassungsreformprojekt schicken, um die Wahlen der Delegierten,
Bürgermeister und Gouverneure um fünf Wochen zu verschieben», schrieb

der chilenische Präsident Sebastián Piñera in einer Mitteilung auf
Twitter am Sonntagabend (Ortszeit). «Der Schutz der Gesundheit aller
unserer Landsleute ist für uns immer oberste Priorität gewesen.»

Trotz einer der höchsten Impfraten weltweit registrierte Chile
zuletzt so viele Neuinfektionen wie nie zuvor in der Pandemie. Das
Gesundheitsministerium meldete am Freitag 7 626 neue Fälle innerhalb
von 24 Stunden. Die Auslastung der Intensivbetten liegt bei über 90
Prozent. Fast 30 Prozent der rund 18 Millionen Chilenen haben bereits
eine erste Corona-Impfung erhalten, 15 Prozent beide. Damit liegt das
Land weit vor anderen in Lateinamerika und auch vor europäischen
Staaten. Am Samstag verschärften die Hauptstadt und der Großraum
Santiago de Chile sowie weitere Regionen ihre Quarantäne-Maßnahmen.

30 Jahre nach Chiles Rückkehr zur Demokratie hatten bei einem
Referendum im Oktober mehr als 78 Prozent der Wähler für die
Ausarbeitung eines neues Grundgesetzes gestimmt. Eine neue Verfassung
gehörte zu den Kernforderungen der Demonstranten, die im Oktober und
November 2019 zu Tausenden gegen die Regierung auf die Straße gingen.
Der aktuelle Text von 1980 stammt noch aus der Zeit der
Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990). Bei dem
Referendum stimmte auch eine große Mehrheit dafür, dass eine
Verfassungsgebende Versammlung die neue Verfassung ausarbeiten soll.