Nur etwa zehn Prozent der Corona-Verfahren vor OVG erfolgreich

In normalen Zeiten entscheidet der 13. Senat des
Oberverwaltungsgerichts ein bis zwei Verfahren zum
Infektionsschutzgesetz jährlich. Seit März 2020 sind dort wegen
Corona 410 Anträge eingegangen. Die Richter sind hoch belastet.

Lüneburg (dpa/lni) - Nur rund einem von zehn eingereichten
Corona-Anträgen gibt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht
statt. 410 Anträge sind seit vergangenem März in Lüneburg
eingegangen, 191 davon wurden in Eilbeschlüssen entschieden. «Nur 16
waren ganz oder teilweise erfolgreich, das ist eine Erfolgsquote von
unter zehn Prozent», sagte OVG-Präsident Thomas Smollich im Interview
mit der Deutschen Presse-Agentur.

Der für die Corona-Verordnungen zuständige 13. Senat sei hoch
belastet. «Aber die Richter machen das mit Herzblut und dem Ethos,
umfassend zu prüfen und alle maßgeblichen Gesichtspunkte zu
berücksichtigen.» Ob Beherbergungsverbot, Schließung von Gaststätte
n
oder Präsenzunterricht in Schulen - der Senat hat den Anspruch, nach
Eingang der Stellungnahmen des Ministeriums schnell zu entscheiden.
Das sei besonders zu Beginn der Krise, als die Verordnungen im
Zwei-Wochen-Takt überholt wurden, herausfordernd gewesen. Meist
bleibe nur eine Woche Zeit, um über schwere Grundrechtseingriffe zu
entscheiden.

Als Ausputzer für politische Entscheidungen fühlt sich das OVG nicht:
«Wir haben alle die gleiche Pandemiemüdigkeit. Aber die
Infektionszahlen sind einfach erschreckend, sie zerschlagen grad jede
Hoffnung. Ich möchte nicht in der Haut von Politikern stecken.» Es
sei ein ziemlich schwerer Job damit umzugehen. «Jede Bestimmung in
den Corona-Verordnungen ist sein ganz schwieriger Abwägungsprozess,
der sich bei uns fortsetzt. Ich würde nicht sagen, dass wir der
Reparaturbetrieb sind», betonte Smollich. «Wir gucken auf die Dinge,
es steht uns nicht an, die Politik zu kritisieren.»

Um die Arbeitsbelastung für den 13. Senat in Grenzen zu halten,
wurden andere Bereiche wie Wasser- und Ausländerrecht anders verteilt
und ein von einem Verwaltungsgericht abgeordneter Richter den drei
Juristen zugeteilt. Zusätzlich ist ein Medizinstudent engagiert
worden, um die Fachrecherche zu übernehmen. «Er soll alles
zusammenstellen, was es an neuen medizinischen Erkenntnissen gibt
etwa zu Virus-Mutanten, Tests und Infektionswegen. Bewerten können
wir ja selbst.»