) Mäßiges Interesse am Shoppen mit Negativ-Test in Potsdam

Mit einer Corona-Testpflicht beim Einkauf will Potsdam die Geschäfte
offenhalten und so Ansteckungen verhindern. Die Reaktion bei den
Kunden ist bislang verhalten. Die 7-Tage-Inzidenz liegt wieder über
der kritischen Marke von 100. Den Läden droht die erneute Schließung.

Potsdam (dpa/bb) - Um in der Corona-Pandemie die Geschäfte
offenzuhalten, ist in der Landeshauptstadt Potsdam seit Samstag der
Einkauf mit einem negativen Corona-Test möglich - die Resonanz darauf
fiel am ersten Tag aber eher verhalten aus. Bei kühlem
Frühlingswetter waren nicht viele Menschen in der Innenstadt zum
Einkaufen unterwegs, darunter in der Einkaufsmeile in der
Brandenburger Straße, wie ein dpa-Reporter berichtete. Aus Sicht des
Handelsverbands Berlin-Brandenburg stellte sich der Start als «Flop»
heraus. Ein Potsdamer Unternehmen wehrt sich bereits vor Gericht
gegen die Corona-Testpflicht für seine Kunden. Inzwischen droht dem
Einzelhandel der Stadt eine erneute Schließung - die
Sieben-Tage-Inzidenz stieg über die kritische Marke von 100.

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte eine Allgemeinverfügung
erlassen, nach der in Potsdamer Einzelhandelsgeschäften ab diesem
Samstag der Einkauf nur noch mit einem negativen Corona-Test möglich
ist. Vorgelegt werden muss ein PoC-Antigen-Schnelltest oder PCR-Test,
der höchstens 24 Stunden alt sein darf. Das gilt für alle Kunden ab
sechs Jahren in Geschäften des Einzelhandels sowie in Baumärkten,
Baumschulen, Gartenfachmärkten und Gärtnereien. Ausgenommen sind
Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Bäckereien,
Fleischereien und Wochenmärkte. Die Regelung gilt zunächst bis 11.
April.

Vor einigen Potsdamer Läden standen Schilder mit der Aufschrift
«Betreten nur nach Vorlage eines negativen Corona-Tests». In anderen
Geschäften wurde das System «Click und Collect» genutzt, nach dem
Kunden ihre Ware vorher im Internet aussuchen und dann an der
Ladentür bezahlen. An einem Schuhladen in der Fußgängerzone konnten
Kunden die Ware draußen anprobieren. Das Geschäft hatte dafür eine
Bank bereitgestellt.

Mit einer Testpflicht im Einzelhandel solle dafür gesorgt werden, das
derzeit in Potsdam erlaubte Einkaufen möglichst sicher zu gestalten,
hatte Schubert erklärt. Die Tests würden helfen, Infektionsketten zu
erkennen und zu durchbrechen. Potsdam plant nach eigenen Angaben,
eine der Modellkommunen im Land zu werden, um eine sichere Öffnung
von Handel und Gastronomie zu ermöglichen.

«Es ist das eingetreten, was wir befürchtet haben - es war
Totentanz», sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes
Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, der Deutschen Presse-Agentur
am Samstag. Und der erste Eindruck sei meistens der entscheidende.
«Terminvereinbarung plus Test - das bringt keinen dazu, sich in die
Innenstadt zu begeben», sagte er. Busch-Petersen kritisierte zudem
die Koordinierung vor Ort. Seines Wissens seien die Testzentren der
Stadt bereits um 13.00 Uhr geschlossen gewesen.

Das bestätigte die Stadtverwaltung nicht. Potsdam biete seit dem 1.
März kostenlose Schnelltests in den Apotheken und Testzentren an.
Diese Tests würden durch geschultes Personal durchgeführt. Die
Landeshauptstadt sei mit weiteren Anbietern im Gespräch, um das Netz
an Teststellen weiter auszubauen, hieß es.

Ab Mittwoch ist auch in Berlin ein negativer Corona-Test
Voraussetzung, um in Geschäften einkaufen zu können. Im Unterschied
zu Potsdam entfällt aber die Pflicht, sich vor dem Shoppen in
Baumarkt, Modeboutique oder Elektronikgeschäft einen Termin zu
besorgen. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert befürwortet diesen
Weg. «Wenn die Menschen in Berlin-Steglitz und Spandau mit negativem
Test, aber ohne Termin einkaufen gehen können, dann wäre das auch
sinnvoll im nahe gelegenen Potsdam», sagte er der Deutschen
Presse-Agentur am Sonntag. «Diesen Weg könnten wir aber nur
beschreiten, wenn das Land Brandenburg dafür die Grundlagen legt.»

Der Handelsverband verfolgt laut Busch-Petersen ein anderes Konzept,
um den Einzelhandel zu stützen. Er schlägt vor, mit flächendeckenden

Tests und Corona-Schutzimpfungen die Wirtschaft in «vernünftigen
Schritten» wieder hochzufahren, ohne Terminvereinbarung über
Quadratmeter-Regelungen. «In den Läden haben wir die Macht und das
Hausrecht, zu sortieren und für Ordnung zu sorgen. Das haben wir auch
bewiesen, dass das klappt», sagte er. Zudem könne die Luca-App zur
Kontaktverfolgung eingesetzt werden.

Auch Brandenburg will gegen die Ausbreitung des Coronavirus wie
andere Bundesländer die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung nutzen.
Dazu hat das Land nach Angaben des Gesundheitsmisteriums einen
entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Damit könnten noch vor Ostern
bis zu sechs und bis etwa Ende April alle Landkreise und kreisfreien
Städte die Luca-App anwenden. Die Nutzung der App ist kostenfrei.

Gegen die angeordnete Corona-Testpflicht im Potsdamer Einzelhandel
wehrt sich inzwischen ein ansässiges Unternehmen. Mit einem
Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht will es erreichen, dass seine
Kunden sich beim Einkauf nicht testen lassen müssen. Dem für Anfang
der Woche erwarteten Gerichtsbeschluss sieht der Oberbürgermeister
offen entgegen. «Wir sind uns bewusst, dass wir mit der Anordnung -
so wie im letzten Jahr mit der Maskenpflicht - Neuland betreten.
Sollte uns das Verwaltungsgericht Fehler aufzeigen, werden wir diese
korrigieren», sagte Mike Schubert.

Inzwischen nimmt die Zahl der Corona-Infektionszahlen im Land weiter
zu. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag laut Gesundheitsministerium am
Sonntag bei rund 137 Fällen nach rund 135 pro 100 000 Einwohnern am
Samstag. Zwölf Kreise sowie die Städte Cottbus und Frankfurt (Oder)
lagen demnach am Sonntag mit ihrer Sieben-Tage-Inzidenz mindestens
drei Tage hintereinander über 100. Dort greift die Notbremse aus der
Verordnung des Landes. Nach den aktuellen Regeln dürfen sich nur noch
ein Haushalt und eine weitere Person treffen, Geschäfte und Museen
dürfen nicht mehr für Termin-Einkäufe öffnen. Supermärkte und and
ere
Läden für den täglichen Bedarf sind davon ausgenommen.

Potsdam wird seine Öffnungen im Einzelhandel mit einer
Corona-Testpflicht nach eigenen Angaben wieder zurücknehmen, sollte
die Stadt auch in den kommenden zwei Tage bei der
Sieben-Tage-Inzidenz über einem Wert von 100 liegen. Aktuell liegt
der Wert demnach bei 100,9. Damit übertraf er am Sonntag erstmals
seit Ende Januar wieder die kritische Marke, die die Zahl der
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen angibt.