Malle-Urlaub mit Reiselust und Rechtfertigungsdruck

Wegen hoher Corona-Zahlen in Deutschland hat die Bundesregierung
dringend gebeten, nicht nach Mallorca zu fliegen. Tausende Deutsche
überzeugt das nicht. Aber ein bisschen Scham ist schon dabei.

Palma (dpa) - Am ersten Tag der Osterferien ist der Flughafen von
Mallorca aus seinem monatelangen Dornröschenschlaf erwacht. Es
herrscht wieder Hektik, rund 60 Maschinen aus 12 deutschen Städten
wurden allein am Samstag auf der liebsten Ferieninsel der Deutschen
erwartet, bis Ostermontag soll es 532 Flugverbindungen von und nach
Deutschland geben. Die dringende Bitte der Bundesregierung, wegen der
Corona-Pandemie doch zu Hause zu bleiben, konnte die Reiselust
offenbar nicht dämpfen. «Seit anderthalb Jahren war ich nicht
unterwegs. Das fühlt sich an wie im Gefängnis», erzählt Abdul Naser

aus Baden-Württemberg. Ein bisschen Bammel vor einer Ansteckung habe
er schon. «Aber in Deutschland ist das nicht anders.»

Die Bundesregierung hatte die Lieblingsinsel der Deutschen am 14.
März von der Liste der Corona-Risikogebiete gestrichen. Damit wurde
auch die Reisewarnung des Auswärtigen Amts aufgehoben. Der Schritt
erfolgte, weil die Zahl der Neuinfektionen dort unter 50 pro 100 000
Einwohner binnen sieben Tagen gesunken war. Damit entfiel auch eine
Quarantäne und zunächst die Testpflicht bei der Rückkehr nach
Deutschland.

Als die Buchungen stark anzogen, warnte die Bundesregierung
eindringlich vor Urlaubsreisen auf die Mittelmeerinsel. Zusätzlich
wurde eine Testpflicht ab Dienstag für alle aus dem Ausland
Einreisenden angeordnet. Die gilt auch für Reisende, die nicht aus
einem Risikogebiet kommen, also auch für Mallorca-Rückkehrer. Diese
Testpflicht soll vorerst bis einschließlich 12. Mai gelten.

Vor dem Flughafen warteten Taxifahrer am Samstag sehnsüchtig darauf,
endlich wieder Kundschaft zu haben. Mietwagenanbieter versuchten, die
Reisenden gleich am Ausgang abzufangen. Viele Urlauber aber wurden
auch mit Bussen zu ihren Hotels gebracht. Die Insel ist extrem vom
Tourismus abhängig. Vor der Corona-Pandemie trug die Branche 35
Prozent zum Regionaleinkommen bei. Jetzt droht Armut. Die
Corona-Zahlen sind im Vergleich zu Deutschland derzeit relativ
niedrig. Die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen
sieben Tagen liegt seit Tagen bei knapp 30. In Deutschland betrug
dieser Wert am Samstag nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI)
125 bei steigender Tendenz.

Ein junges Pärchen aus Frankfurt ist lieber inkognito unterwegs. «Wir
haben in der Heimat keinem von unseren Urlaubsplänen erzählt. Da gibt
es so einige, die uns das krumm nehmen würden», sagen sie der
Deutschen Presse-Agentur. «Dabei strengen sich hier alle an, um die
Maßnahmen einzuhalten.» Schnappschüsse bei Instagram wollen sie daher

lieber nicht hochladen. «Höchstens gemogelt, wenn wir schreiben, dass
es sich um Fotos von 2019 handelt.»

Auch Harry aus dem Wetteraukreis ist mit seinen Reiseplänen in der
Heimat auf Kritik gestoßen. «Uns haben auch ein paar Freunde entsetzt
gefragt, wie wir denn jetzt in den Urlaub fliegen könnten», erzählt
er. Bedenken hätten seine Frau und er dadurch aber nicht bekommen.
«In Deutschland demonstrieren 20 000 Menschen ohne Maske und dann
soll der Mallorca-Urlaub, wo die Inzidenz niedriger ist, ein Problem
sein?» Aber auch er will sich in den sozialen Netzwerken
zurückhalten. «Es gibt viele Neider, die einfach nicht den Schneid
haben, jetzt zu verreisen», sagt er.

«Ich stehe zu meiner Entscheidung», sagt auch Otto aus Düsseldorf,
der mit Frau und Sohn angereist ist. «Die Bundesregierung ist derzeit
so inkonsequent. Wenn sie die Reisewarnung aufheben, dann müssen die
Politiker damit rechnen, dass die Leute in den Urlaub fahren.» Karl
Lauterbach von der SPD solle erstmal beweisen, dass die von der
örtlichen Gesundheitsbehörde angegebenen Corona-Zahlen falsch sind.
«Daher habe ich auch keine Angst vor einer Ansteckung.»