Bundesrat gibt grünes Licht für 13 Gesetze

Der Bundesrat macht seinem Ruf als Gesetzgebungsmaschine wieder
einmal alle Ehre. In seiner 1002. Sitzung lässt er das BND-Gesetz
genauso passieren wie die Reform des Betreuungsrechts und des
Jugendschutzgesetzes. Manches kommt ganz frisch aus dem Bundestag.

Berlin (dpa) - Der Bundesrat hat am Freitag den Weg für insgesamt 13
Gesetze frei gemacht. In seiner 1002. Sitzung stimmte er unter
anderem dem Lobbyregister und dem BND-Gesetz zu, die erst am Vortag
den Bundestag passiert hatten. Auch die lange umkämpfte Reform des
Taxi- und Fahrdienstmarktes fand die Zustimmung des Bundesrats,
außerdem eine Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, die
praktische Auswirkungen auf das Leben vieler Bürger haben wird.

Die wichtigsten Beschlüsse im Einzelnen:

PERSONENBEFÖRDERUNG: Die Reform des Taxi- und Fahrdienstmarktes
schafft einen Rechtsrahmen für neue Mobilitätsangebote in Städten und

ländlichen Regionen, die Fahrgäste meist digital buchen können. Sie
soll zum Beispiel reguläre Angebote etwa mit kleinen Bussen oder Vans
ermöglichen, bei denen sich mehrere Fahrgäste einen Wagen teilen.
Bisher sind sie auf der Basis von Ausnahmeregeln unterwegs. Zugleich
sollen klassische Taxi-Anbieter und das öffentliche Angebot von Bus
und Bahn geschützt werden. Dazu sind für neue Fahrdienst-Vermittler
wie Uber Vorgaben vorgesehen, die von Kommunen gemacht werden können.

BETREUUNGSRECHT I: Ehegatten können sich im Krankheitsfall bald qua
Gesetz in Gesundheitsfragen zeitlich befristet gegenseitig vertreten.
Die dazu bislang erforderliche Vollmacht wird dann nicht mehr nötig
sein. Vielen Ehepaaren ist bislang gar nicht bewusst, dass sie sich
gegenseitig eine solche Vollmacht ausstellen müssen. Die Reform des
Vormundschafts- und Betreuungsrechts sieht vor, dass sich Ehegatten
ab Anfang 2023 in Gesundheitsfragen sechs Monate lang gegenseitig
vertreten dürfen, wenn sich einer von ihnen krankheitsbedingt
vorübergehend nicht um seine Angelegenheiten kümmern kann.

BETREUUNGSRECHT II: Die Stellung unmündiger Personen gegenüber dem
Vormund wird gestärkt. Die Wünsche der Betreuten sollen künftig
zentraler Maßstab für das Handeln der Betreuer und die gerichtliche
Aufsicht sein. Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts
stellt klar, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Hilfe
bei der Besorgung der eigenen Angelegenheiten durch eigenes
selbstbestimmtes Handeln ermöglichen soll. Betreuer sollen - soweit
erforderlich - nur als Stellvertreter auftreten dürfen. Ehrenamtliche
Betreuer erhalten durch die Reform mehr Informationen und Kenntnisse.
Dies soll auch durch eine enge Anbindung an anerkannte
Betreuungsvereine geschehen.

GESUNDHEIT: Eine wichtige Grundlage für das Corona-Krisenmanagement
bekommt einen neuen Mechanismus. Der Bundesrat stimmte zu, dass der
Bundestag künftig alle drei Monate neu entscheiden muss, ob weiter
eine «epidemische Lage von nationaler Tragweite» besteht. Dies gibt
dem Bund besondere Befugnisse, direkt Verordnungen etwa zu Tests und
Corona-Impfungen zu erlassen. Teil des nun besiegelten Gesetzes ist
auch eine Änderung bei der Masern-Impfpflicht, die seit März 2020 für

Neuaufnahmen in Schulen und Kitas gilt. Für Kinder, die davor schon
in den Einrichtungen waren, sollten Eltern bis 31. Juli Impfnachweise
vorlegen. Die Frist wird nun bis 31. Dezember verlängert - weil die
Corona-Krise die Abläufe erschwert.

LOBBYREGISTER: Professionelle Interessenvertreter müssen sich künftig
in ein öffentlich einsehbares Register eintragen und dort Angaben zu
ihren Arbeit- und Auftraggebern machen. Treffen in Ministerien sollen
bis zur Ebene von Unterabteilungsleitern erfasst werden. Dadurch soll
deutlicher erkennbar werden, wer auf politische Entscheidungen und
die Gesetzgebung Einfluss genommen hat. Interessenvertretung darf
laut Gesetz nur auf Basis von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und
Integrität stattfinden. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit
einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro rechnen. Die Länder verzichteten
auf ihre dreiwöchige Beratungsfrist, damit das parlamentarische
Verfahren noch vor Ostern abgeschlossen werden konnte.

JUGENDSCHUTZ IM NETZ: Kinder und Jugendliche sollen besser vor
Gefahren im Netz geschützt werden. Große Anbieter von Spielen und
Filmen im Netz werden durch die Reform des Jugendschutzgesetzes
verpflichtet, dazu mehr technische Vorkehrungen zu treffen. Die
Plattformen müssen nun einfache Melde- und Beschwerdemöglichkeiten
anbieten, für den Fall, dass junge Nutzer sich bedroht, bedrängt oder
durch Fremde belästigt fühlen. Dabei geht es um Gefahren wie Mobbing,
sexueller Belästigung, Tracking oder Kostenfallen. Außerdem werden
einheitliche Alterskennzeichen für Online-Inhalte vorgeschrieben.

BESTANDSDATENAUSKUNFT: Die neuen Regeln wurden am Freitag erst im
Bundestag und unmittelbar darauf im Bundesrat beschlossen. Die
manuelle Bestandsdatenauskunft ermöglicht es Sicherheitsbehörden, von
Telekommunikationsunternehmen Auskunft insbesondere über den Inhaber
eines Telefonanschlusses oder einer zugewiesenen IP-Adresse zu
erlangen. Es handelt sich um personenbezogene Daten der Kunden, die
beim Abschluss oder der Durchführung von Verträgen stehen. Das Gesetz
trifft aber auch Regelungen zu Nutzungsdaten, die Anbieter benötigen,
um ihre Dienst in Anspruch nehmen und abrechnen zu können. Karlsruhe
hatte die vorherigen Regelungen im Mai 2020 für verfassungswidrig
erklärt. Mit der Neuregelung wird nun auch der Weg für das neue
Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im
Internet frei.

BND-GESETZ: Der Bundesnachrichtendienst (BND) wird künftig beim
technischen Ausspähen von Ausländern außerhalb Deutschlands stärker

kontrolliert. Dazu sieht das Gesetz einen neuen unabhängigen Rat vor.
Das mit Bundesrichtern und Bundesanwälten besetzte Gremium soll das
Vorgehen des Geheimdienstes im Blick behalten. Gleichzeitig werden
die rechtlichen Hürden für das Ausspähen erhöht. Die Reform war n
ötig
geworden, weil das Bundesverfassungsgericht 2020 die bisherigen
Regeln als unzureichend beanstandet hatte. Bei der sogenannten
strategischen Fernmeldeaufklärung durchforstet der BND ohne konkreten
Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen.

EU-WIEDERAUFBAUFONDS: Mit der Zustimmung zum Finanzierungssystem der
EU bis zum Jahr 2027 hat der Bundesrat auch den 750 Milliarden Euro
schweren Corona-Wiederaufbaufonds gebilligt. Insgesamt sollen der EU
bis Ende 2027 rund 1,8 Billionen Euro zur Verfügung stehen. Die
EU-Staaten hatten beschlossen, 750 Milliarden Euro in den
wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas nach der Pandemie zu stecken.
Einen Teil des Geldes gibt es als Zuschüsse, einen Teil als Darlehen.
Dafür werden gemeinsam Schulden aufgenommen. Die EU-Kommission kann
mit der Aufnahme der Kredite und der Auszahlung aber erst beginnen,
wenn alle 27 EU-Staaten den Beschluss ratifiziert haben. Allerdings
stoppte das Bundesverfassungsgericht das deutsche Zustimmungsgesetz
zum EU-Finanzierungssystem bis 2027 am Freitag erst einmal.