Von App bis QR-Code - Mehrere Kommunen planen Corona-Modellprojekte

In Hessen sollen mancherorts Öffnungsschritte für Geschäfte oder
Lokale erprobt werden. Bei den Kommunen gibt es reges Interesse, sie
wollen «Perspektiven» bieten. Wichtige Entscheidungen stehen aber
noch aus.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Erst testen, dann shoppen oder ins Lokal:
Gleich mehrere hessische Kommunen wollen als Modellregion
pragmatische Öffnungsmöglichkeiten für Handel, Gastronomie oder
Veranstaltungen in der Pandemie erproben. Mehr als zehn Städte und
Kreise haben beim Land Interesse bekundet und sich beworben. Man
wolle mitmachen, «weil der Einzelhandel darniederliegt und wir ihn
dringend wiederbeleben müssen», begründete etwa Büdingens
Bürgermeister Erich Spamer (Freie Wähler) die Pläne. «Wir erhoffen

uns, dass Büdingen einkaufsmäßig wiederbelebt wird, dass der
Einzelhandel wieder in Schwung kommt.»

Bund und Länder hatten beim jüngsten Corona-Gipfel beschlossen, dass
die Länder in ausgewählten Regionen unter bestimmten Bedingungen
zeitlich befristete Modellprojekte starten können. Auch in Hessen
soll erprobt werden, wie sich eine teilweise Öffnung des öffentlichen
Lebens in Städten oder Regionen mit niedrigen Inzidenzen und
verbunden mit einem Testkonzept auf die Infektionszahlen auswirkt.

Vorbild ist die Stadt Tübingen in Baden-Württemberg mit ihrem
Öffnungsmodell, zu dem tagesaktuelle Corona-Schnelltests gehören, die
dann zum Beispiel für eine gewisse Zeit Shopping ermöglichen. Das
Saarland plant ähnliches - sogar landesweit. Ob, wo und was in Hessen
als Modellprojekt möglich ist, das wollte das Land am Freitag mit den
kommunalen Spitzenverbänden besprechen.

Die Bewerber-Kommunen haben verschiedene Ideen, mit denen sie
Öffnungsschritte mitten in der Pandemie wagen wollen. Kern dabei:
aktuelle Schnelltests. Auch das Wetterau-Städtchen BÜDINGEN plant
damit. Fällt der Test negativ aus, gibt es eine Bescheinigung, mit
der dann in den folgenden 24 Stunden Einkaufen möglich ist. Vor
Betreten der Läden soll auch noch - auf freiwilliger Basis -
kontaktlos Fieber gemessen werden.

Man müsse «dringend Perspektiven bieten», sagte FRANKFURTS
Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Hessens größte Stadt plant
laut einer Mitteilung ein Modellprojekt «unter der Federführung des
Gesundheitsamtes und mit wissenschaftlicher Begleitung in
ausgewählten Kultur-, Veranstaltungs- und Gastronomiebetrieben in
einem begrenzten Gebiet». Kultur und Veranstaltungen könnten dort
wieder stattfinden - «mit den üblichen derzeit geltenden
Hygienestandards, mit negativen Schnelltests beim Eintritt und
digitaler Kontaktpersonennachverfolgung».

Veranstaltungsbesucher sollen bei einem negativen Test eine
Bescheinigung via QR-Code bekommen, die einen Tag gültig ist. Die
Veranstalter kontrollieren die Einhaltung der Hygienestandards und
Testergebnisse und melden die Besucher per App an, so die Idee.

Auch in BAD HOMBURG stieß das Tübinger Modell «auf große Gegenliebe
»,
wie ein Sprecher sagte. Nicht alle Details seien in der Bewerbung
schon ausgearbeitet, «das ist ja Neuland, das wir da betreten», aber
die Stadt wolle «so schnell wie möglich» nach Ostern loslegen. Das
Tübinger Modell habe zwei große Vorteile, sagte der Sprecher: Wenn
man viel teste, finde man auch Infizierte ohne Symptome, damit
schütze man die Bevölkerung. «Und es besteht die Chance, dass wir
einen kleinen Schritt zurück ins normale Leben gehen können.»

Der MAIN-KINZIG-KREIS bereitet laut Mitteilung für die Umsetzung von
Modellprojekten in HANAU und BAD SODEN-SALMÜNSTER eine Bewerbung vor.
Wenn die Landesregierung grünes Licht gebe, wolle man gemeinsam
loslegen, hieß es. «Wir haben nicht nur den Willen, sondern auch die
digitale Lösung schon in der Umsetzung und sind damit in der Lage,
auch kurzfristig starten zu können.» Im ersten Schritt könne der
«Feldversuch» mit einer Handvoll Restaurants oder Kultureinrichtungen
beginnen. «Wesentliche Voraussetzungen sind klare Regeln, eine
disziplinierte Mitwirkung aller Beteiligten und eine permanente
Analyse der Auswirkungen.»

Auch FULDA will Modellregion für eine Öffnungsstrategie werden, die
insbesondere dem innerstädtischen Handel und der Gastronomie
Perspektiven in der Corona-Pandemie eröffnen soll, wie die Stadt
mitteilte. «Eine solche Bewerbung ist eine gute Chance, den durch die
Corona-Krise gebeutelten Branchen in der Innenstadt eine echte
Perspektive auf Öffnungen zu geben und gleichzeitig ein Höchstmaß an

Gesundheitsschutz und Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten»,
erläuterte Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU). Das Projekt
solle wissenschaftliche begleitet werden. Auch Landrat Bernd Woide
(CDU) habe eine Unterstützung des Modellprojekts mit dem
Gesundheitsamt des Landkreises Fulda bereits zugesagt.

Zu den weiteren Interessenten gehören unter anderem ALSFELD, der
VOGELSBERGKREIS, die Landeshauptstadt WIESBADEN oder
GINSHEIM-GUSTAVSBURG. BAD NAUHEIM in der Wetterau - die Kommune nennt
sich selbst Gesundheitsstadt - setzt bei ihrer Bewerbung auf fünf
Säulen: von Tests über Nachverfolgung bis zu wissenschaftlicher
Begleitung. Die Planungen laufen, sagte ein Sprecher. Sollte das Land
grünes Licht geben, könne das Projekt zum 12. April starten.