Niedersachsen kämpft mit Beschränkungen und Tests gegen dritte Welle

Im Kampf gegen steigende Coronazahlen rücken in Niedersachsen jetzt
nächtliche Ausgangssperren näher, über Ostern sollen Ansammlungen im

Freien verboten werden. Zugleich will das Land mit der Luca-App
Öffnungsschritte erproben. Und wie steht es um die Teststrategie?

Hannover (dpa/lni) - Niedersachsen plant das Einführen nächtlicher
Ausgangssperren in Hochinzidenzregionen zur Eindämmung der sich
weiter verschlechternden Corona-Lage. In Landkreisen und großen
Städten mit über 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen
einer Woche soll die Ausgangssperre als eine Möglichkeit für
verpflichtende Beschränkungen in den Entwurf der neuen
Corona-Verordnung aufgenommen werden, sagte der Chef der
Staatskanzlei, Jörg Mielke, am Donnerstag. Inzwischen liegt die
Sieben-Tages-Inzidenz in 18 der 45 Kreise und Großstädte über diesem

Schwellenwert, der bereits als Notbremse für die Zurücknahme von
Lockerungen gilt.

Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 150 sollen nächtliche
Ausgangssperren als verpflichtend in den Verordnungsentwurf
aufgenommen werden, aber sie sollen nicht automatisch im gesamten
Kreisgebiet gelten, sagte Mielke. Am Donnerstag lag die
Sieben-Tage-Inzidenz bereits in sechs Landkreisen und Städten über
150. Dies waren die Kreise Celle (152,5), Cloppenburg (225,0),
Emsland (173,4), Peine (163,9) sowie die Städte Salzgitter (189,9)
und Osnabrück (187,6).

Nach der Absage des verschärften Osterlockdowns durch Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) will Niedersachsen außerdem über die Feiertage
ein Ansammlungsverbot erlassen. Auch unter Einhaltung von Abständen
sollten Personenansammlungen im Freien untersagt werden, um
informelle Feierlichkeiten zu unterbinden, sagte Mielke. Der Entwurf
der neuen Corona-Verordnung war am Donnerstagnachmittag weiter in der
Erarbeitung, beschlossen sind die Regelungen noch nicht. Zuvor werden
sie noch mit den Kommunalverbänden beraten, sie sind auch Gegenstand
einer Landtagssondersitzung am Freitag.

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Niedersachsen stieg derweil
weiter an. Im Landesdurchschnitt stieg die Sieben-Tage-Inzidenz am
Donnerstag auf 102,5 nach 100 am Vortag. 1802 Neuinfektionen und 27
weitere Todesfälle wurden registriert. Der R-Wert, der angibt wie
viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt, sank von
1,01 am Vortag auf 0,93 ab.

Unterdessen will Niedersachsen die geplanten Modellprojekte zur
Öffnung von Handel, Kultur und Außengastronomie gekoppelt an
Schnelltests unter Nutzung der Luca-App zur Kontaktnachverfolgung
starten. Auch dies muss zuvor aber noch in der neuen
Corona-Verordnung verankert werden.

Gemeinsam mit Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen,
Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und dem Saarland verhandele das Land
über die Anwendung der App, sagte die stellvertretende Leiterin des
Corona-Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder. Verträge
zur Nutzung der App sollten spätestens Ende März abgeschlossen sein.
Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Baden-Württemberg nutzen die
Luca-App bereits.

Die Modellprojekte sollen den bisherigen Plänen nach neben dem
Einzelhandel die Außengastronomie, Kultureinrichtungen einschließlich
Theatern und Kinos sowie Fitnessstudios beinhalten, sagte der Chef
der Staatskanzlei, Jörg Mielke. Die Projekte würden demnach am 6.
April beginnen und zunächst drei Wochen laufen. Über die Auswahl der
Kommunen, die bereits in großer Zahl Interesse angemeldet haben,
solle zeitnah entschieden werden. Einerseits gibt es die Überlegung,
pro Gesundheitsamt nicht mehr als eine Kommune auszuwählen.
Andererseits wird man sich möglicherweise beispielhaft für Kommunen
mit unterschiedlicher Größe und Inzidenz entscheiden.

Parallel dazu nimmt die Corona-Teststrategie in Niedersachsen mit der
Möglichkeit umfangreicher und kostenloser Schnelltestangebote für die
Bevölkerung Fahrt auf. Über 1850 Arztpraxen, rund 500 Apotheken sowie
kommunale und private Testzentren böten inzwischen Tests an, teilte
das Gesundheitsministerium mit. Auch karitative Einrichtungen und
Wohlfahrtsverbände seien mit dem Aufbau beschäftigt. Dazu kämen Tests

in Schulen, Betrieben sowie die schon länger verpflichtenden Tests in
Altenheimen und der Fleischindustrie.

Die Hoffnung ist, mit einem besseren Bild über die tatsächliche
Infektionslage lokale, vorsichtige Öffnungen in der Übergangszeit bis
zu einer höheren Impfabdeckung möglich zu machen. Noch liegen keine
repräsentativen Daten zur Nutzung der Tests und zum Umfang positiver
Fälle vor.

Gerade wird eine Meldeplattform geschaffen, mit der Ministerium und
Landesgesundheitsamt die Nutzung des Testangebots tagesaktuell
erfassen und das Infektionsgeschehen analysieren können. Automatisch
erfasst werden aber nur die Daten der Testzentren - bei Arztpraxen
bestehe keine Meldepflicht, aber die Bereitschaft der freiwilligen
Meldung, erklärte das Ministerium. Positive Testergebnisse müssen auf
jeden Fall immer den Gesundheitsämtern gemeldet werden.

Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) rief die Wirtschaft auf,
die geforderten Testmöglichkeiten für Beschäftigte zu schaffen. «Wi
r
werden die Betriebe mit Nachdruck auffordern, dieser Verpflichtung
nachzukommen und Testmöglichkeiten zeitnah einzurichten», sagte sie
der Deutschen Presse-Agentur. «Wir setzen hier auf die Unternehmen,
die auf den Betrieb angepasst und angemessene Testungen vornehmen,
und werden beobachten, ob diese Selbstverpflichtung greift.» Wie
Krisenstabs-Vizechefin Schröder sagte, hätten 50 Prozent der Firmen
auf Anfrage signalisiert, bereits vor Ostern Testmöglichkeiten zu
schaffen, weitere 25 Prozent wollten nach Ostern soweit sein.