Sommerurlauber sollen Tui aus der Krise führen

Der Reisekonzern Tui hängt in der Warteschleife: Erst wenn der Urlaub
wieder unbeschwert möglich ist, wird sich das Geschäft erholen.
Vorstandschef Joussen setzt auf Unterstützung aus der Politik. Die
Kritik an den Mallorca-Reisen weist er zurück.

Hannover (dpa) - Der weltgrößte Reisekonzern Tui setzt nach einem
dramatischen Einbruch seiner Buchungszahlen in der Corona-Krise auf
einen schnellen Neustart der Urlaubsreisen. Die Nachfrage zur
Sommersaison 2021 sei ermutigend, sagte Vorstandschef Fritz Joussen
am Donnerstag in der digitalen Hauptversammlung. «Der Markt ist da,
die Kunden wollen reisen.» Kritik an der Wiederaufnahme der
Mallorca-Flüge schon zu Ostern wies Joussen als unbegründet zurück.

Bei den bisherigen Öffnungen sei die Reiselust vieler Menschen
bereits zu sehen. Die Tourismusbranche sei allerdings darauf
angewiesen, dass die Politik die Rahmenbedingungen für mehr Urlaube
schaffe, sagte Joussen. «Ich hoffe, dass die Politik es schafft, über
Impfungen und Tests das Infektionsgeschehen so unter Kontrolle zu
bringen, dass das Reisen wieder möglich ist.»

Mallorca stehe dabei mit dem Ballermann zwar als Synonym für
Partyurlaube, werde derzeit aber vor allem zur Erholung genutzt,
sagte der Tui-Chef. Die Unterkünfte seien kaum ausgelastet, daneben
gebe es eine Sperrstunde und strenge Vorgaben für den
Alkoholausschank. Außerdem sei die Corona-Inzidenz vor Ort niedrig.

Mit Blick auf eine mögliche Testpflicht für Reiserückkehrer erklärt
e
Joussen: «Wir sind sehr stark bereit, dass wir vor jedem Flug alle
testen. Ich glaube, das ist richtig und die Kunden finden das gar
nicht so schlecht.» Eine lange Vorplanung sei dafür nicht nötig.

Zu Beginn der Corona-Krise war das Geschäft von Tui praktisch
vollständig zum Erliegen gekommen. «In den inzwischen zwölf Monaten
der Krise konnten wir nur etwa 2,5 Millionen Kunden in den Urlaub
bringen und damit nur etwa 10 Prozent eines normalen Jahres», sagte
Joussen. Aufsichtsratschef Dieter Zetsche ergänzte, er hoffe nun auf
eine schrittweise Normalisierung des Angebots im Laufe des Jahres.
«Das wird allerdings noch ein paar Monate dauern.»

Bisher hat der Konzern einschließlich Umbuchungen und
Gutschein-Einlösungen 2,8 Millionen Gäste für diesen Sommer in den
Büchern. Das sind rund 60 Prozent weniger als zur selben Zeit im Jahr
2019, vor der Corona-Krise. Im Jahr 2020 hatte Tui das operative
Geschäft am 15. März vollständig eingestellt. Alle Buchungen wurden
damals wegen der Pandemie storniert. Erst Anfang Juli ging es weiter.

Joussen betonte, dass der Konzern vor dem ersten Lockdown noch auf
Rekordkurs gewesen sei. Erst Mitte März 2020 sei Tui dann «über Nacht

zu einem Unternehmen ohne Produkt und ohne Umsatz» geworden.

Um dem wirtschaftlichen Kollaps zu entgehen, hat Tui seither
staatliche und private Unterstützung in Milliardenhöhe in Anspruch
genommen. Unter anderem erhielt der Wirtschaftsstabilisierungsfonds
des Bundes das Recht, maximal 25 Prozent plus einen Anteilsschein zu
übernehmen. Außerdem stockte der russische Milliardär Alexej
Mordaschow als größter Anteilseigner seine Beteiligung auf etwas mehr
als 30 Prozent auf. Solange der Staat den Konzern unterstützt, müssen
die Aktionäre allerdings auf Dividendenzahlungen verzichten.