Kostenlose Corona-Tests im Südwesten für deutlich mehr Menschen

Belastungstest für die grün-schwarze Koalition - zweieinhalb Wochen
vor der Landtagswahl: Erst fliegen im Kabinett die Fetzen über die
Teststrategie, dann einigt man sich auf einen leicht nachgebesserten
Kompromiss.

Stuttgart (dpa/lsw) - In Baden-Württemberg können sich demnächst
deutlich mehr Menschen kostenlos auf das Coronavirus testen lassen.
Neben Pflegepersonal, Lehrkräften und Kita-Erzieherinnen soll es
künftig auch anlasslose Gratis-Schnelltests für Menschen geben, die
Angehörige pflegen - aber auch Polizisten, Justizangestellte und
Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sollen diese Möglichkeit

bekommen. Ziel der Ausweitung der kostenlosen Tests ist es, die
Ausbreitung des Coronavirus und der ansteckenderen Mutationen noch
besser unter Kontrolle zu bekommen und mögliche weitere Lockerungen
des Lockdowns absichern zu können.

Die grün-schwarze Landesregierung legte ihren Streit vom Dienstag
bei, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch sowohl von grüner
als auch von CDU-Seite erfuhr. Das Gesundheitsministerium besserte
seinen Entwurf an einigen Stellen auf Wunsch der CDU und der Kommunen
nach. So unterstützt es das Land nun ausdrücklich, wenn Städte und
Gemeinden weitere Anlaufstellen für Schnelltests aufbauen. Bisher
kann man sich vor allem bei Ärzten und in Apotheken testen lassen.

Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte seinem
Gesundheitskollegen Manne Lucha (Grüne) vorgeworfen, bei den Tests
auf der Bremse zu stehen. Nun sagte er: «Das reinigende Gewitter hat
offenbar gutgetan. Die Luft ist wieder klar. Nachdem zu lange nichts
und dann nur wenig gegangen ist, ist man jetzt seit gestern schnell
vorangekommen. Dieser Rucker ist in der Sache gut, und er tut auch
der Koalition gut.»

Laut dem Konzept erhalten die Kommunen drei Millionen Schnelltests
aus der Notreserve des Landes und können - wenn nötig - weitere drei
Millionen beschaffen - auf Kosten des Landes. Das Angebot an die
Kommunen sei «zunächst bis zum 31. März 2021 befristet», hieß es.
Die
CDU hatte darauf gedrungen, das Angebot nicht Ende März auslaufen zu
lassen.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) setzte durch, dass auch
Schülerinnen und Schüler sowie Eltern anlasslos getestet werden
können - und nicht nur in Corona-Hotspots. Lucha hatte immer wieder
darauf verwiesen, dass der Bund demnächst sowohl Schnelltests, die
von Fachpersonal abgenommen werden müssen, als auch neu zugelassene
Laien-Selbsttests zur Verfügung stellen wolle. Deswegen sei es auch
aus finanziellen Gründen wichtig, das Angebot des Landes zu
befristen.

Darüber hinaus will das Land so schnell wie möglich sieben Millionen
Selbsttests beschaffen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte erteilte nun die ersten drei Sonderzulassungen für
Corona-Selbsttests, die man auch ohne Schulung zu Hause machen kann.
Bei allen drei Tests können die Proben durch einen Abstrich im
vorderen Nasenbereich entnommen werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schlug am Mittwoch eine
Kombination aus mehr Schnelltests sowie Selbsttests für jedermann
vor. «Mehr Schnelltests können uns helfen, mehr Sicherheit im Alltag
zu bekommen. Wenn wir die Großmutter besuchen wollen, für
Pflegebedürftige im Heim oder beim Reisen.» Diese Tests durch
geschulte Dritte seien dort sinnvoll, wo es einen bestätigten
Nachweis über das Ergebnis brauche. Dafür sollten sie
niedrigschwellig verfügbar und kostenlos sein. Selbsttests könnten
dagegen perspektivisch Sicherheit in konkreten Situationen geben,
sagte Spahn, «bevor man eine Veranstaltung besucht, sich die Haare
schneiden lässt oder ins Theater geht».