Leonhard verteidigt Corona-Zurückhaltung - Bürgerschaftssondersitzung

Die Zahl der Corona-Fälle mit Virusmutanten steigt auch in Hamburg.
Lockerungen sind laut Gesundheitssenatorin deshalb vorerst nicht zu
erwarten. Nach der nächsten Runde der Ministerpräsidenten mit der
Kanzlerin kommt die Bürgerschaft zur Sondersitzung zusammen.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard
(SPD) hat die Zurückhaltung des rot-grünen Senats hinsichtlich einer
Lockerung der Corona-Maßnahmen verteidigt. Auch Stufenpläne brächten

wenig, wenn sie aufgrund aktueller Entwicklungen in der Pandemie
zurückgenommen werden müssten, sagte sie am Mittwoch in der
Bürgerschaft. «Wir alle wünschen uns mehr Flexibilität, aber derzei
t
sind wir in einer anderen Situation.» Das Infektionsgeschehen befinde
sich in einer Seitwärtsbewegung, ansteckendere Virusmutanten seien
auch in Hamburg auf dem Vormarsch. Die vom Senat beschlossene
Verschärfung der Maskenpflicht sei auch angesichts einer sich
verbreitenden «Corona-Müdigkeit» geboten, sagte Leonhard.

Ab Samstag müssen in Hamburg an öffentlichen Orten immer dann Masken
getragen werden, wenn der 1,50-Meter-Abstand nicht eingehalten werden
kann. Der Senat reagiert damit auf große Menschenansammlungen, wie
sie am vergangenen Wochenende bei gutem Wetter rund um die Alster, an
der Elbe und in den Parks der Stadt zu sehen waren. Künftig sollen
Erwachsene auch auf Spielplätzen Maske tragen müssen. Die angepasste
Verordnung soll nach Behördenangaben am Freitag veröffentlicht
werden, so dass sie am Samstag in Kraft treten kann.

Die Bürgerschaft wird am 10. März in den Ferien zu einer
Sondersitzung zusammenkommen, um über die Ergebnisse der anstehenden
Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Lage zu beraten. Einem
entsprechenden gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen von SPD
und Grünen sowie CDU stimmte das Parlament mit großer Mehrheit zu.
Ein Antrag der AfD, die die Sondersitzung vor der für Mittwoch (3.3.)
geplanten Konferenz mit der Kanzlerin abhalten wollte, wurde
abgelehnt.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Jenny Jasberg nannte den Lockdown
einen «surrealen Zustand», von dem sich alle wünschten, dass er ende.

Angesichts der Zahlen gehe es aber darum, «das Sterben vieler
weiterer Menschen zu verhindern». Von der
Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in der kommenden Woche erwarte sie
vor allem einheitliche Lösungen. Sinn der MPK «ist es doch, keinen
Flickenteppich an Maßnahmen zu schaffen und so für Akzeptanz zu
sorgen».

Der Gesundheitsexperte der CDU, Stephan Gamm, bezeichnete den
anhaltenden Lockdown angesichts der Zahlen als «unverzichtbar». Sein
Fraktionskollege Götz Wiese forderte den Senat zugleich auf, vor
allem für die Wirtschaft mit einem mit den anderen norddeutschen
Ländern abgestimmten Lockerungsplan Planbarkeit zu schaffen.

Wegen der langen Corona-Fehlzeiten können Hamburgs Schüler das
Schuljahr nun freiwillig wiederholen. Die Schulbehörde hob das seit
Jahren geltende sogenannte Verbot des Sitzenbleibens auf. «Nach den
langen Schulschließungen wird es nicht immer gelingen, dass
Schülerinnen und Schüler wieder Anschluss an ihre Lerngruppe finden»,

sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) zur Begründung.

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Hamburg stieg derweil um 246.
Das sind 85 nachgewiesene Fälle mehr als am Dienstag und 9 mehr als
am Mittwoch vor einer Woche, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte.
Die Sieben-Tage-Inzidenz - also die Zahl neuer Ansteckungen pro 100
000 Einwohner binnen einer Woche - stieg leicht von 71,4 auf 71,9. Am
Mittwoch vor einer Woche hatte dieser Wert noch bei 68,1 gelegen.

Die Zahl der Menschen, die an oder mit dem Virus starben, stieg laut
Robert Koch-Institut um 11 auf 1235. In Hamburger Krankenhäusern
wurden nach Angaben der Behörde mit Stand Dienstag 311
Covid-19-Kranke stationär behandelt, davon 88 auf Intensivstationen.

Unterdessen wurden weitere Corona-Fälle mit mutierten Virusvarianten
festgestellt. So sei die Zahl der in sogenannten Sequenzierungen
nachgewiesenen Fälle mit der britischen Variante seit Dienstag um 7
auf insgesamt 18 gestiegen, die der südafrikanischen Variante um
einen Fall auf 3, sagte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Martin
Helfrich. Die brasilianische Virusmutante sei in der Hansestadt noch
nicht nachgewiesen worden. Alle Varianten gelten als infektiöser als
das ursprüngliche Virus. Auch die Zahl der Verdachtsfälle stieg laut
Helfrich seit Dienstag deutlich um 79 auf nunmehr 390.