Ministerin: Digitalisierung der Gesundheitsämter wichtig

Corona-Warn-Apps und Videosprechstunden: Die Pandemie hat der
Digitalisierung im Gesundheitsbereich einen Schub verliehen. Davon
profitieren aus Sicht von Experten nicht alle gleich.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula
Nonnemacher (Grüne) hält die Digitalisierung der Gesundheitsämter vor

allem mit Blick auf die Corona-Pandemie für einen ganz wichtigen
Schritt. «Ziel ist es, durch Digitalisierung vorhandene Ressourcen
auf die aktuelle Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten
beim Menschen zu konzentrieren», sagte sie in einem Video-Statement
zur 16. Brandenburger Landeskonferenz «Digitalisierung im
Gesundheitswesen» am Mittwoch.

Für die technische Modernisierung der 19 Gesundheitsämter im Land
erhält Brandenburg vom Bund rund 1,5 Millionen Euro. Eine erste
Tranche von 30 000 Euro sei ausgezahlt worden, teilte das Ministerium
auf Anfrage mit. Mit dem Geld wurden demnach Meldesoftware für den
Abgleich der Corona-Daten zwischen den Ämtern und dem Robert
Koch-Institut eingeführt und bestehende Systeme verbessert.

Die Pandemie habe der Digitalisierung einen Schub verliehen, so
Nonnemacher. Eine «wirklich beeindruckende Beschleunigung» ist aus
ihrer Sicht der bundesweite Anstieg von Videosprechstunden. Nach
Angaben des Kassenärztlichen Bundesverbandes wurden im ersten
Halbjahr 2020 deutschlandweit rund 1,4 Millionen Videosprechstunden
abgerechnet - verglichen mit nur 3000 im Jahr 2019.

Allein in Brandenburg haben im vergangenen Jahr mehr als 36 000 mal
Menschen aus der Ferne mit ihren Ärzten und Psychotherapeuten
gesprochen. Laut der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes haben
2020 insgesamt 620 Praxen die Erfüllung der notwendigen
Voraussetzungen wie die Nutzung eines zertifizierten
Videodienstanbieters gemeldet. Noch 2019 seien es lediglich zwei
gewesen, die zudem keine einzige Videosprechstunde abgerechnet
hätten.

Aus Sicht von Eckhard Nagel, Geschäftsführender Direktor des
Instituts für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der
Universität Bayreuth, wird durch digitale Lösungen wie beispielsweise
die Behandlung über den Bildschirm das Infektionsrisiko für Ärzte und

Personal reduziert, das sei ein Vorteil der Telemedizin.

Durch den Einsatz digitaler Funktionen könne das Vertrauen der
Menschen in solche Angebote wachsen. Nagel sieht aber auch
Nachteile: So könne die Digitalisierung sozial benachteilige
Patienten von der Versorgung ausschließen - beispielsweise weil sie
keine elektronischen Endgeräte wie Laptop oder Smartphone besitzen.
Videobehandlungen könnten eine Ergänzung, aber kein Ersatz für
Behandlungen im unmittelbaren Kontakt zwischen Arzt oder Therapeut
und Patient sein.

Barbara Krahé, Professorin für Sozialpsychologie an der Universität
Potsdam, wies auf die Einschränkungen durch den digitalen Kontakt
zwischen Arzt und Patient hin. Zwischen diesen gibt es aus ihrer
Sicht auch eine soziale Beziehung, die das menschliche Grundbedürfnis
nach sozialem Kontakt befriedige. Der digitale Kontakt könne dieses
Bedürfnis nur reduziert erfüllen.