Corona-Schnelltests: Spahn soll Auskunft im Bundestag geben

Die hohen Corona-Infektionszahlen machen viele mürbe. Mit den
versprochenen Schnelltests geht es nun doch nicht so schnell.
Gesundheitsminister Spahn gerät zunehmend in die Kritik.

Berlin (dpa) - Angesichts von anhaltend hohen Infektionszahlen werden
die Forderungen nach baldigen kostenlosen Corona-Schnelltests für
alle immer lauter. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)
kritisierte bei einer Online-Veranstaltung der «Bild»-Zeitung, in
Deutschland dauerten Zulassungen «immer so endlos lange». Er hoffe,
dass es nach dem verschobenen Start zur Abgabe von Schnelltests nun
kommende Woche eine Lösung gebe. Die FDP forderte, sich dabei
Österreich als Vorbild zu nehmen. Damit sollen auch Lockerungen der
Corona-Regeln schneller möglich werden. Gesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) will an diesem Mittwoch im Bundestag Auskunft geben.

Spahn hatte ursprünglich angekündigt, dass ab 1. März ein Angebot f
ür
alle Bürger kommen solle, sich kostenlos von geschultem Personal mit
Antigen-Schnelltests testen zu lassen - etwa in Testzentren, Praxen
oder Apotheken. Darüber soll nun aber erst bei den
Bund-Länder-Beratungen am 3. März gesprochen werden. Söder sagte, mit

vielen Schnelltests könne man viel machen. «Wenn wir pro Monat 300
Millionen für Deutschland hätten, dann könnten wir in vielen
Bereichen viel mehr Freiheiten ermöglichen.»

Die FDP schlug vor, mit einer Regelung nach dem Vorbild Österreichs
den Weg für stufenweise Lockerungen freizumachen. Ein entsprechender
Antrag soll noch diese Woche in den Bundestag. «Beim Testen müssen
wir auf die Tube drücken, nicht auf die Bremse», sagte der
FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann der Deutschen Presse-Agentur.
Parteichef Christian Lindner zu «Bild»: «Testen verspricht Freiheit -

zusammen mit Masken, Luftreinigern, digitaler Nachverfolgung von
Infektionen und dem Schutz der verletzlichen Gruppen.»

Mit einer Änderung der Impfreihenfolge soll von diesem Mittwoch an
die teilweise Öffnung von Kitas und Schulen besser abgesichert
werden: Beschäftigte in Kitas, Kindertagespflege sowie Grund- und
Förderschulen sollen jetzt schon eine Impfung erhalten können. Die
geänderte Impfverordnung soll am Mittwoch im Bundesanzeiger
veröffentlicht werden. Für diese Impfungen kommen voraussichtlich
zunächst Hunderttausende Impfdosen des Herstellers Astrazeneca in
Frage, die bisher ungenutzt lagern.

Dem Gesundheitsministerium zufolge wurden mehr als 1,4 Millionen
Dosen geliefert - nach Angaben des Robert Koch-Instituts aber nur 212
000 Dosen gespritzt. Zuletzt hatte es Berichte gegeben, dass sich
Pflegekräfte wegen der etwas geringeren Wirksamkeit damit nicht
spritzen lassen wollen. Zudem drohen bei Astrazeneca womöglich
weitere Lieferengpässe.

Unternehmensvertreter hätten der Europäischen Union auch für das
zweite Quartal mögliche Produktionsausfälle in Europa angezeigt,
sagte ein EU-Vertreter der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Doch
könnten diese Mengen theoretisch aus anderen Impfstofffabriken des
Herstellers wettgemacht werden. Astrazeneca teilte auf dpa-Anfrage
mit, man wolle den Vertrag für das zweite Quartal laut jüngster
Prognose erfüllen.

Unterdessen versprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen,
die Lage werde sich in den kommenden Monaten «spürbar bessern».
Europa werde seinen Rückstand im Vergleich zu Ländern wie
Großbritannien wettmachen, sagte die CDU-Politikerin der «Augsburger
Allgemeinen». «Wir holen auf.»

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens,
sprach sich für pragmatische Lösungen für übrig gebliebene Impfstof
fe
aus. Beim Astrazeneca-Stoff blieben jeden Tag viele Dosen liegen,
sagte Mertens der Funke Mediengruppe. «Hier sollte es unbedingt in
allen Impfzentren Listen geben, die festlegen, wer an die Reihe
kommt, wenn Dosen übrig bleiben.» Dabei könne man auch «geeignete
Kandidaten aus nachfolgenden Prioritätsgruppen» vorziehen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
warnte erneut vor übereilten Lockerungen des Lockdowns. Man dürfe
«nicht zu schnell und nicht zu breit auf einmal öffnen», sagte der
Grünen-Politiker bei einer Veranstaltung der «Heilbronner Stimme».
«Das haben wir bei den Österreichern gesehen. Das führt zu
Rückschlägen.»

Der Städte- und Gemeindebund forderte mehr Tempo bei der Einführung
des digitalen Impfnachweises. Ansonsten drohten die «gleichen
Probleme wie jetzt beim Impfen im Schneckentempo», sagte
Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Funke-Zeitungen. Nach einer
repräsentativen Umfrage des Norstat-Instituts wollen sich 34 Prozent
der Bundesbürger sich nicht gegen Corona impfen lassen. Die Befragung
wurde im Auftrag der Bertelsmann Stiftung gemacht.