Merkel konkretisiert Vorstellungen für Öffnungsstrategie

Kanzlerin Angela Merkel sieht Deutschland bereits in der dritten
Corona-Welle. Zugleich will sie Öffnungsschritte erarbeiten lassen,
klug kombiniert mit einer breiten Teststrategie. Kann das klappen?

Berlin (dpa) - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Vorstellungen
für vorsichtige Öffnungsschritte in Kombination mit vermehrten
Testmöglichkeiten in der Corona-Pandemie konkretisiert. Es gebe drei
Stränge, bei denen man Schritt für Schritt öffnen wolle, sagte Merkel

nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von Teilnehmern am
Dienstag in einer Online-Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Die
Kanzlerin nannte die persönlichen Kontaktbeschränkungen sowie den
Bildungs- und den Wirtschaftsbereich. Die Öffnungsschritte sollten
klug mit den erweiterten Testmöglichkeiten zusammengebracht werden.

Die Tatsache, dass es eine dritte Corona-Welle gebe, könne nicht
wegdefiniert werden, sagte Merkel demnach weiter. Man müsse mit der
Mutation leben. Man tue alles, auch im Gespräch mit Frankreich und
den Grenzkontrollen zu Tirol, um die in Deutschland noch sehr
untergeordnet vorkommende südafrikanische Virusvariante nicht ins
Land zu bekommen. Sonst bestehe die Gefahr, dass bestimmte Impfstoffe
darauf nicht mehr reagieren würden.

CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagte nach weiteren
Angaben in der Fraktionssitzung, nachdem sich die britische Mutante
des Virus weiter ausbreite, sei Vorsicht weiterhin das Richtige.
Trotzdem gebe es die Erwartung nach einer Öffnungsstrategie. Aus
diesem Grund sei das Testen so wichtig.

Merkel erinnerte nach Teilnehmerangaben daran, dass man bei der
jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen habe, dass bei
einer Inzidenz von 35 - also 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern
innerhalb einer Woche - die Geschäfte aufmachen könnten. Nun müsse
man «Perspektiven ausarbeiten, in welchen Schritten kann man weitere
Öffnungen dann machen und was soll dazu gehören». Bei der nächsten

Runde am 3. März solle vereinbart werden, unter welchen Umständen
diese Schritte gemacht werden könnten.

Bei jedem Öffnungsschritt müsse es das Ziel sein, ein wieder
exponentielles Wachstum der Infektionszahlen auch angesichts der
verschiedenen Mutationen zu verhindern, sagte Merkel weiter. Man
wolle einen Pfad bis in den Sommer hinein finden, bei dem man auch
die Wirkung des Impfens deutlich sehen werde. Und bei dem möglichst
nichts wieder geschlossen werden müsse, was geöffnet worden sei.

Bei den drei Strängen gehe es um persönliche Kontaktbeschränkungen
und Möglichkeiten, sich in bestimmten Gruppen zu treffen, sagte
Merkel demnach weiter. Beim zweiten Strang gehe es um Bildungsfragen
- nach den Grundschulen die höheren Klassen, die weiterführenden
Schulen, die Berufsschulen sowie die Universitäten. Der dritte Strang
habe zu tun mit den Wirtschaftsfragen - Geschäfte, Restaurants sowie
eines Tages Hotels, sagte Merkel. Sie zählte dazu auch den Sport in
Gruppen und kulturelle Veranstaltungen.

Am besten könne man sich Pakete vornehmen, bei denen man nicht nur
aus einem Strang etwas nehme, sondern wo man sinnvoll versuche, aus
den verschiedenen Lebensbereichen Dinge zusammenzuführen, schlug
Merkel demnach vor. Nach den einzelnen Öffnungsschritten müsse
überprüft werden, dass man nicht wieder in ein exponentielles
Wachstum komme. Sollte dies geschehen, werde man sehr schnell wieder
in einer Situation sein, in der das Gesundheitswesen überlastet sein
könne. Bei einem Verdopplungszyklus von 10 oder 14 Tagen sei man dann
sehr schnell bei sehr hohen Zahlen.

Man sei einerseits weiterhin in einer schwierigen Situation und müsse
vorsichtig agieren, sagte Merkel nach diesen Informationen weiter.
Andererseits gebe es aber Mittel und Wege, um schrittweise
voranzukommen. Der Druck auf die Geschwindigkeit sei sehr groß. Sie
glaube, «wir würden uns keinen Gefallen tun, wenn wir in eine
Situation kommen, wo wir dann etwas, was wir jetzt schon mal geöffnet
haben, anschließend wieder zumachen», wurde die Kanzlerin zitiert.

Ausdrücklich unterstützte Merkel den Vorschlag von
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für häufigere und kostenlose
Tests. Aus ihrer Sicht solle dies aber noch mal mit den Ländern
besprochen werden, damit hinterher nicht wieder gesagt werde, der
Bund habe sich mit den Ländern nicht abgestimmt. Spahn war aus den
Reihen von SPD und Grünen kritisiert worden, nachdem die von ihm zum
1. März angekündigte neue Teststrategie bis nach der
Ministerpräsidentenrunde mit Merkel verschoben worden war.