Neuer Krach ums Testen - CDU macht Gesundheitsminister Lucha Vorwürfe

Testen, testen, testen: Die Südwest-CDU dringt auf einen schnellen
Aufbau von kommunalen Anlaufstellen für Schnelltests - neben
Apotheken und Arztpraxen. Die Grünen warnen, diese könnten rasch
überflüssig werden, wenn die Selbsttests kommen.

Stuttgart (dpa/lsw) - In der grün-schwarzen Koalition gibt es schon
wieder Krach wegen der Teststrategie des Landes im Kampf gegen das
Coronavirus. Im Kern geht es um die Frage, ob das Land den Kommunen
dabei helfen soll, im großen Stil Anlaufstellen für Schnelltests mit
geschultem Personal zu schaffen, oder darauf warten soll, dass der
Bund wie angekündigt demnächst die Laien-Selbsttests zulässt.

Die CDU dringt darauf, so schnell und so viel wie möglich zu testen,
um weitere Bereiche des Lebens kontrolliert wieder öffnen zu können.
Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl hielt
Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Dienstag im Kabinett vor,
noch immer auf der Bremse zu stehen. Die CDU-Seite blockierte
daraufhin einen Beschluss über Luchas Eckpunkte für eine erweiterte
Teststrategie.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bestätigte, es habe
einen «heftigen Schlagabtausch» gegeben. Aber auch wenn das in hartem
Ton vorgetragen worden sei, sehe er den Konflikt als überwindbar an.
Kretschmann warb um Verständnis, dass man sich auch aus finanziellen
Gründen überlegen müsse, ob man kurz vor dem Einsatz von Selbsttests

mit Kurzstäbchen noch eine große Struktur für Tests mit Personal
aufbaue.

Der neue Streit kommt knapp eine Woche nach dem Spitzentreffen zur
Teststrategie mit den kommunalen Landesverbänden. Insbesondere die
CDU-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl im März, Kultusministerin
Susanne Eisenmann, hatte immer wieder darauf gedrungen, neben
Erzieherinnen und Lehrer auch Busfahrer oder Menschen, die Angehörige
pflegen, zu testen.

Nun machte Vize-Regierungschef Strobl im Kabinett seinem Ärger Luft.
Es müsste längst umfassend getestet werden, gerade auch bei Personen,
die keine Symptome zeigten, monierte Strobl dem Vernehmen nach. Dies
sei wichtig, um Infektionsquellen und Virusmutationen ausfindig zu
machen. Das sei auch mit Blick auf Öffnungsstrategien notwendig,
erklärte Strobl.

Notwendig sei der Aufbau einer kommunalen Teststruktur. Hier fühlten
sich die Kommunen aber alleingelassen, erklärte Strobl demnach. Am
vergangenen Freitag hatten Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag
gemeinsam an Kretschmann geschrieben und gefragt, ob es nun gewollt
sei, dass kommunale Teststrukturen aufgebaut werden. «Die Städte und
Gemeinden brauchen zwingend Klarheit», heißt es in dem Brief, der der
dpa vorliegt.

Lucha wies Strobls Vorwürfe zurück. «Wir kommen sehr gut voran.» Di
e
Tests würden deutlich ausgeweitet. Er begrüße die zahlreichen
Aktivitäten der Kommunen, auch über die Tests bei Ärzten und in
Apotheken hinaus weitere Möglichkeiten einzurichten. Das Ministerium
biete den Kommunen deshalb an, zunächst bis zum 31. März 2021 rund
drei Millionen Tests aus der Landesreserve zur Verfügung zu stellen
und ihnen zusätzlich Personalkosten für die Abnahme von Abstrichen zu
erstatten. Kostenpunkt für das Land laut Ministerium: 53,4 Millionen
Euro.

Der Grünen-Politiker erklärte aber auch, das Angebot des Landes müsse

zeitlich befristet sei, weil der Bund angekündigt habe, zeitnah eine
Regelung zur Selbsttestung vorzulegen und eine große Menge an
entsprechenden Tests zur Verfügung zu stellen. Die CDU-Seite hatte
sich insbesondere an der Befristung gestoßen. Dazu sagte Lucha: «Die
Teststrategien von Bund und Land müssen zusammenpassen. Ein
unbefristetes Angebot zu fordern, ist angesichts der Planungen des
Bundes nicht seriös.» Eisenmann und Strobl sollten die Vorlage nicht
länger blockieren.

Gemeindetags-Präsident Steffen Jäger sagte der dpa, auf der Grundlage
von Luchas Konzept könne man ins Gespräch kommen. Das Land müsse aber

seine Erwartungshaltung definieren, was die Kommunen leisten sollten.
Soll es nur um ergänzende Testmöglichkeit Schulen und Kitas gehen,
oder sollen Städte und Gemeinden Pop-up-Testzentren aufbauen, wenn es
im März Tests für alle geben soll, wie Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) angekündigt hat. Zudem müsse der Übergang zu den
Selbsttests geregelt werden. «Soll jeder seinen Selbsttest im stillen
Kämmerlein machen, oder sollen dieses Tests beobachtet abgenommen
werden?», fragte Jäger.

Spahn hatte vergangene Woche erklärt, Gratis-Schnelltests sollten vom
1. März in Testzentren, Praxen und Apotheken zu haben sein,
finanzieren soll das der Bund. Zudem rücke auch ein breiter Einsatz
von Selbsttests für Laien näher. Ziel sei, in Rahmenverträgen
Mindestmengen für den deutschen Markt zu sichern. Auch
Baden-Württemberg will sich sieben Millionen dieser Selbsttests
sichern.