Stufenplan für Corona-Lockerungen - Lockdown trotzdem verlängern?

Was viele seit langem fordern, wird in Berlin nun erarbeitet: Eine
Art Fahrplan für Lockerungen in der Corona-Krise. Doch wer an
schnelle Öffnungen etwa in Gastronomie oder im Kulturbereich denkt,
dürfte mindestens ernüchtert sein.

Berlin (dpa/bb) - Nach gut zwei Monaten Lockdown zur Eindämmung der
Corona-Pandemie will der Berliner Senat zumindest mittelfristige
Öffnungsperspektiven etwa für Handel, Gastronomie, Sport oder Kultur
aufzeigen. Eine Vorlage der Senatskanzlei, über die der Senat am
Dienstag beriet, umfasst sechs Stufen für mögliche
Lockerungsschritte, die sich über mehrere Wochen oder Monate
erstrecken. Gleichzeitig wird in dem Papier angesichts der
Infektionslage und neuer Gefahren durch Virus-Mutationen zunächst
eine Verlängerung des Lockdowns über den 7. März hinaus gefordert.

Die Vorlage, die der Senat zunächst noch nicht beschließen sollte,
trägt das Datum 21. Februar und liegt der Deutschen Presse-Agentur
vor. Nach Angaben aus Senatskreisen handelt es sich um eine
Diskussionsgrundlage, die noch verändert beziehungsweise
weiterentwickelt werden kann. Berlin als Vorsitzland der
Ministerpräsidentenkonferenz will den Plan demnach auch in das
nächste Bund-Länder-Treffen zum weiteren Vorgehen in der
Corona-Pandemie in der kommenden Woche einbringen.

Grundlage für Öffnungsschritte sind der Vorlage zufolge Kriterien wie
die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner binnen einer Woche. Hinzu kommen als «dynamische
Faktoren» die Reproduktionszahl (R-Wert), die angibt, wie viele
Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt, sowie die Kapazitäten
bei den Intensivbetten, die Veränderungsrate der Inzidenz und
perspektivisch die Impfquote.

Bei einem Inzidenzwert über 100 - am Mittwoch betrug er in Berlin
57,2 - gilt dem Plan zufolge die erste Stufe (Risikostufe B). Hier
gelten weitgehende Schließungen, lediglich eine Grundversorgung im
Handel und medizinisch notwendige körpernahe Dienstleistungen sollen
erlaubt sein. Die nächste Stufe (Risikostufe A) gilt bei einer
Inzidenz von über 50: Sport in kleinen Gruppen soll dann für Kinder
bis 12 Jahren draußen wieder möglich sein.

Dann wird es kompliziert, auf die beiden Risikostufen folgen vier
weitere Stufen. Cluster 0 greift, wenn der Inzidenzwert sieben Tage
lang unter 50 liegt, Cluster 1, wenn die Inzidenz sieben Tage lang
unter 35 liegt. Cluster 2 gilt, wenn der Inzidenzwert dann für 14
Tage stabil oder sinkend ist, gleiches gilt danach für Cluster 3.
Hinzugezogen werden dem Plan zufolge bei allen vier Cluster-Stufen
dynamische Faktoren wie R-Wert oder Belegung der Intensivstationen.

Beispiel 1: Restaurants sollen nach diesem Muster erst in der vierten
Stufe (Cluster 1) bei einer Inzidenz unter 35 den Außenbereich für
maximal 5 Personen aus zwei Haushalten öffnen dürfen. Ist der
Inzidenzwert 14 Tage stabil oder sinkend, dürften die Restaurants für
sechs Personen aus drei Haushalten öffnen, in der nächsten Stufe dann
für sechs Personen unabhängig von den Haushalten.

Beispiel 2: Auch für den Einzelhandel sind Öffnungsschritte über die

Grundversorgung hinaus ab einer Inzidenz unter 35 (Cluster 1)
vorgesehen: Zunächst soll dann eine Zugangsbegrenzung von 10
Quadratmeter pro Kunde gelten, ab einer Fläche von 800 Quadratmetern
gelten 20 Quadratmeter pro Kunde. Änderungen sind erst in der
übernächsten Stufe (Cluster 3) vorgesehen: Dann sind generell 10
Quadratmeter pro Kunde vorgeschrieben.

Beispiel 3: Theater, Konzerthäuser und Kinos sollen ebenfalls ab
Stufe vier (Cluster 1) mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35
Veranstaltungen draußen anbieten dürfen. Erst bei stabilen oder
sinkenden Inzidenzwerten in der nächsten Stufe (Cluster 2) können sie
öffnen, allerdings mit begrenzter Personenzahl. Bei weiter stabilen
oder zurückgehenden Infektionswerten soll eine weitergehende Öffnung
möglich sein, wenn eine entsprechende Belüftungsanlage vorhanden ist
und ein Sitzabstand von einem Meter eingehalten wird. Für Clubs
dagegen gilt, dass sie erst in Stufe sechs (Cluster 3) öffnen können
und auch nur mit Hygienekonzept und begrenzter Personenzahl.

Um eine komplette Öffnung ohne Beschränkungen geht es bei dem
Stufenplan, über den auch «Bild/B.Z.» und «Tagesspiegel» am Diens
tag
berichteten, nicht. Schulen und Kitas werden in dem Papier wegen
ihrer besonderen sozialen Bedeutung eine Sonderrolle zugebilligt -
plädiert wird unabhängig von der Dauer des Lockdowns für eine
schrittweise Ausweitung des Präsenzbetriebes. Bei einer
Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 müssten diese vorsichtigen
Öffnungsschritte allerdings «zur Disposition gestellt» werden, heiß
t
es in der Vorlage. Am Montag hatte die schrittweise Schulöffnung
begonnen, den Anfang machten Schüler der Klassenstufen 1 bis 3.

In Berlin war die Zahl der Corona-Neuinfektionen wohl nicht zuletzt
in Folge des Lockdowns wochenlang kontinuierlich zurückgegangen. Seit
einigen Tagen weist die Inzidenz wieder leicht steigende Tendenz auf.