Dreyer fordert konkreten Stufenplan - Spahn in der Kritik

Bund und Länder machen sich an die Beratungen für ein
Öffnungskonzept. Entscheidungen soll es nächste Woche geben. Die SPD
fordert einen konkreten Stufenplan - und sieht Gesundheitsminister
Spahn bei Schnelltests in der Pflicht.

Berlin (dpa) - Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu
Dreyer (SPD) hat vor Beratungen von Bund und Ländern einen konkreten
Stufenplan für den Weg aus den Corona-Beschränkungen gefordert. Ein
solcher Plan müsse an «klare Inzidenzwerte, Testmöglichkeiten und die

Impfquote» gekoppelt werden, sagte Dreyer der «Rheinischen Post»
(Dienstag). An diesem Dienstag beginnt eine Arbeitsgruppe mit
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und den Chefs der Staatskanzleien
dazu mit Gesprächen. Das nächste Treffen der Regierungschefs von Bund
und Ländern mit Entscheidungen ist für den 3. März geplant.

An Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gibt es Kritik, weil die für
den 1. März angekündigten allgemeinen Schnelltests nun doch nicht so
rasch kommen. FDP-Chef Christian Lindner bedauerte auf Twitter die
Verschiebung. «Die Enttäuschung beim Impfstart darf sich nicht
wiederholen.» SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas sagte der Deutschen
Presse-Agentur: «Gerade dort, wo Maßnahmen zurückgenommen werden,
müssen Schnelltests zur Verfügung stehen.» Spahn müsse jetzt dafü
r
sorgen, dass dies zügig geschehe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich nach Teilnehmerangaben
am Montag im CDU-Präsidium dafür ausgesprochen, vorsichtig Strategien
für weitere mögliche Öffnungen zu erarbeiten. Sie hatte dabei drei
Bereiche genannt: Persönliche Kontakte, Schulen und Berufsschulen
sowie als dritten Bereich Sportgruppen, Restaurants und Kultur. Die
Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll dies nun bis zum 3. März vorbereiten.
Nach bisherigen Plänen sollen dann in der zweiten Märzwoche auch
weitere Geschäfte wieder öffnen dürfen - aber nur in Regionen, in
denen es nicht mehr als 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern
binnen sieben Tagen gibt.

Am Dienstagmorgen lag die Sieben-Tage-Inzidenz nach Angaben des
Robert Koch-Instituts bundesweit bei 60,5. Die Gesundheitsämter
meldeten dem RKI binnen eines Tages 3883 Corona-Neuinfektionen, zudem
wurden 415 weitere Todesfälle verzeichnet. Vor genau einer Woche
hatte das RKI noch 3856 Neuinfektionen und 528 neue Todesfälle
gemeldet. Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert liegt laut Lagebericht
vom Montagabend bei 1,05 (Vortag 1,10). Das bedeutet, dass 100
Infizierte rechnerisch 105 weitere Menschen anstecken.

Befürchtet wird, dass die Ausbreitung von ansteckenderen Varianten
des Virus die Werte wieder in die Höhe treibt. CDU/CSU-Fraktionschef
Ralph Brinkhaus sagte am Montagabend in den ARD-«Tagesthemen», es sei
«sehr unwahrscheinlich» dass der Wert von 35 erreicht werde. «Eins
wäre sehr, sehr schlecht: Wenn wir jetzt lockern und dann in drei
oder vier Wochen wieder den Schritt zurück machen müssen. Und dann
wieder in den Lockdown hinein gehen müssen.»

Ministerpräsidentin Dreyer schloss nicht aus, dass die bestehenden
Corona-Beschränkungen über den 7. März hinaus nochmals verlängert
werden. «Aber wir brauchen konkrete und verbindliche Zielmarken, an
denen die Menschen sich orientieren können.» Der stellvertretende
FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki kritisierte in der «Welt», solche
Konzepte hätten Bund und Länder schon längst vorlegen müssen.

Die Pläne zur früheren Impfung von Kita-Erzieherinnen und Lehrkräften

stießen zumeist auf Zustimmung. Demnach sollen «Personen, die in
Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege und an
Grundschulen tätig sind», von der dritten in die zweite Gruppe der
Impf-Reihenfolge vorrücken. Betroffen sind etwa eine Million
Menschen. Wann genau sie an die Reihe kommen, ist allerdings noch
unklar.

Der Präsident des deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger,
nannte die Entscheidung in der «Bild»-Zeitung (Dienstag) überfällig
.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW),
Marlis Tepe, forderte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass
auch Lehrkräfte an anderen Schularten früher geimpft werden. Die
Stiftung Patientenschutz kritisierte hingegen beim RND, dass einzelne
Berufsgruppen beim Impfen vorgezogen würden.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält die Schulöffnungen
insgesamt für verfrüht. Er sagte der Funke Mediengruppe: «Aus meiner

Sicht wäre es sinnvoll, die Schulen nur aufzumachen, wenn die Testung
der Kinder mit Antigen-Selbsttests gewährleistet ist - und die sind
noch gar nicht zugelassen.» Nach rund zweimonatiger Schließung und
Notbetreuung hatten am Montag in zehn Bundesländern
Kindertagesstätten und Grundschulen teilweise wieder geöffnet.