Durchsuchung bei Halles Oberbürgermeister wegen vorgezogener Impfung

Die Impfaffäre um Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand beschäftigt

nun auch die Staatsanwaltschaft. Der Verdacht der Unterschlagung
steht im Raum. Die Polizei ist bereits angerückt.

Halle (dpa) - Wegen der vorgezogenen Corona-Impfung von Halles
Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) ermittelt nun die
Staatsanwaltschaft. Die Polizei durchsuchte am Montag mehrere
Diensträume der Stadtverwaltung. Gegenstand seien die Ermittlungen in
einem Verfahren gegen Wiegand wegen des Verdachts der «veruntreuenden
Unterschlagung» des Corona-Impfstoffs, teilte die Staatsanwaltschaft
mit.

Er sei verdächtig, «unter Missachtung der in der
Corona-Virus-Impfverordnung des Bundesministers für Gesundheit
geregelten Impfreihenfolge» dafür gesorgt zu haben, dass er selbst
und andere noch nicht berechtigte Personen geimpft wurden. Sowohl
durch Presseberichte als auch Erklärungen Wiegands zum Sachverhalt
sehe die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht erfüllt. Wiegand
selbst war am Montag auf Anfrage zunächst nicht zu erreichen.

In einem Presseschreiben wurde die Staatsanwaltschaft deutlich. Der
Stadt Halle und damit Wiegand als deren Hauptverwaltungsbeamten sei
der Impfstoff nur anvertraut worden. Der Impfstoff gehöre ihm nicht
und unterliege den rechtlichen Vorgaben der
Corona-Virus-Impfverordnung. Auch Impfreste dürften nur denjenigen
Bevölkerungsteilen zugute kommen, die in der Gefahr stehen, einen
besonders schweren oder gar tödlichen Krankheitsverlauf einer
Corona-Virus-Infektion zu erleiden, so die Staatsanwaltschaft. Die
erfolgte Durchsuchung sei wahrscheinlich bundesweit die erste in «so
einer Sache», sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Auch andernorts hatten vorgezogene Impfungen für Kommunalpolitiker,
den Augsburger Bischof oder Angehörige von Pflegeheimpersonal für
Verärgerung und Fragen gesorgt. Ein Fall in der Oberpfalz, bei dem in
einem Pflegeheim mindestens 20 nicht berechtigte Personen geimpft
wurden, wurde ebenfalls der Staatsanwaltschaft gemeldet.

Halles Oberbürgermeister war nach eigenen Angaben im Januar zu Hause
angerufen worden, da niemand anderes zu dem Zeitpunkt für eine
spontane Impfung verfügbar gewesen sei. Wiegand hatte seine Impfung
nicht sofort, sondern erst Anfang Februar öffentlich gemacht, ebenso
die Impfung von Mitgliedern des Katastrophenschutzstabs und von
Stadträten. Laut der von Bund und Land festgelegten Prioritätenliste
der Dringlichkeit der Impfberechtigten wäre Wiegand noch nicht an der
Reihe gewesen. Die Impfung des Oberbürgermeisters sorgte bundesweit
für Aufsehen, in Halle für Kritik und Rücktrittsforderungen.