«Wir können jeden Tag starten» - Kulturszene bereit für Zuschauer Von Gerd Roth, dpa

Die Corona-Pandemie wirkt wie ein dicker Vorhang zwischen Kulturszene
und Zuschauern. Ein neues Konzept gibt den Spielstätten Hoffnung. Aus
der Politik kommen zudem positive Signale.

Berlin (dpa) - Die Kultur macht sich Hoffnung auf die Rückkehr von
Zuschauern. Ein umfassendes Konzept will Möglichkeiten von Besuchern
auch in der Corona-Pandemie aufzeigen. Theaterchefs und Veranstalter
sehen in dem am Montag präsentierten Papier gute Möglichkeiten für
zunehmend besetzte Säle.

Das Papier haben 20 Wissenschaftler in den vergangenen Wochen
erarbeitet, es wird von gut 40 Sport- und Kultureinrichtungen
getragen. Es sieht in mehreren Stufen die Rückkehr von Zuschauern bis
hin zur Vollauslastung bei Kontaktmanagement und Antigen-Tests vor.

Von einem «richtigen Weg» sprach Berlins Kultursenator Klaus Lederer.
«Die Initiative ist nicht hoch genug einzuschätzen», sagte der
Linke-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Abgestufte
Konzepte mit der Kombination aus wissenschaftlicher und praktischer
Expertise, interdisziplinärer Zusammenarbeit und die Differenzierung
mit großer Bandbreite seien ein «starkes Signal».

«Es braucht eine Perspektive, die uns Hoffnung und Ansporn gibt,
damit wir wegkommen von den Durchhalteappellen ohne Aussichten auf
Verbesserungen», sagte Lederer, der derzeit auch die
Kulturministerkonferenz der Länder leitet. Dies müsse allerdings im
vollen Wissen um die Gefahren des Virus und entsprechend
realistischer Einschätzung geschehen.

Gleichzeitig warnte Lederer: «Das Senken der allgemeinen Inzidenz
bleibt im Moment absolut vordringlich, sonst laufen wir in eine
Situation, in der solche guten Konzepte noch länger im Schrank
bleiben müssen.» Dennoch müsse an Umsetzung und gegebenenfalls
Investitionen in Infrastruktur gearbeitet werden.

«Sobald Öffnungen möglich sind, müssen Kultur, Sport und
Veranstaltungen unter Einschätzung des spezifischen Risikos von
Formaten dabei sein», sagte Lederer. Die Konzepte ermöglichten sehr
viel Risikobeherrschung und eine größere Sicherheit als in vielen
Alltagssituationen. «Dem muss die Politik Rechnung tragen.»

Positive Resonanz gab es auch in vielen Kultureinrichtungen. «Wir
können jeden Tag starten», sagte Klaus Dörr, Intendant der Volksbüh
ne
Berlin, der für die Theater bei der Präsentation dabei war. Das
modulare Konzept sei «wichtiger Baustein in der Diskussion um eine
verantwortungsvolle und kontrollierte Öffnung für Kunst, Kultur und
gesellschaftliches Leben».

Andrea Zietzschmann, Intendantin der Berliner Philharmoniker, sprach
von der Notwendigkeit, das kulturelle Leben «so gut es geht mit
Corona zu gestalten». Es werde eine konkrete Perspektive aufgezeigt
für Zuschauer bei Veranstaltungen. «Die Kunst lebt davon», Kultur
gehöre zu den Grundbedürfnissen der Gesellschaft.

«Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass der Vorhang bald wieder
hochgehen kann, und wir wieder für unser Publikum da sein können»,
sagte der Chef der Komödie Berlin, Martin Woelffer. Der Intendant des
Friedrichstadt-Palastes, Berndt Schmidt, sieht in «endlosen
Schließungen im Kunstbetrieb» keine politische Antwort auf Corona.
«Auch eine Pandemie eröffnet Spielräume.»

Für den Deutschen Kulturrat, Spitzenverband von 261
Kultureinrichtungen und -verbänden, sagte Geschäftsführer Olaf
Zimmermann: «Wir wollen wieder öffnen und wir wollen die Menschen,
die unsere Einrichtungen besuchen oder in ihnen arbeiten, vor dem
Virus schützen.» Das Konzept von Kultur, Sport und Wissenschaft
zeige, dass beides gehen könne.