Hunderte Anzeigen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Ausgangssperre

Mit der neuen Corona-Verordnung ist die nächtliche Ausgangssperre
aufgehoben worden. Polizei und kommunale Ordnungskräfte hatten
Hunderte Menschen erwischt, die sich offenbar nicht daran gehalten
hatten - und wahrscheinlich hätten es noch mehr sein können.

Erfurt (dpa/th) - Die Thüringer Polizei und die Ordnungsbehörden der
Kommunen haben in den vergangenen Wochen Hunderte Menschen angezeigt,
weil sie offenbar gegen die coronabedingte nächtliche Ausgangssperre
verstoßen zu haben. Alleine Polizisten hätten nach vorläufigen Zahlen

etwa 750 entsprechende Ordnungswidrigkeiten zur Anzeige gebracht,
sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion der Deutschen
Presse-Agentur. Weil solche Verfahren teilweise erst nachträglich in
die Polizeisysteme eingegeben würden, sei es möglich, dass sich diese
Zahl noch weiter erhöhen werde. Ob die Ordnungsämter der Kommunen
wegen der Anzeigen tatsächlich Strafen aussprechen werden, obliegt
ihnen. Darüber entscheidet nicht die Polizei.

Von Mitte Dezember bis vergangenen Freitag galt in Thüringen eine
landesweite, nächtliche Ausgangssperre. Die Menschen durften ihre
Wohnungen zwischen 22.00 und 5.00 Uhr nur aus einem triftigen Grund
verlassen - etwa für den Weg zur Arbeit oder einen Spaziergang mit
dem Hund. Diese Ausgangssperre ist mit Inkrafttreten der neuen
Corona-Verordnung aufgehoben worden.

Neben Polizisten haben in einzelnen Kommunen auch andere
Ordnungskräfte kontrolliert, ob die Ausgangssperre eingehalten wurde.
Wie viele Anzeigen diese Ordnungskräfte zusätzlich zu denen der
Polizei geschrieben haben, lässt sich nicht pauschal sagen - unter
anderem, weil bei den Ordnungsämtern in der Regel nicht danach
unterschieden wird, ob eine Anzeige von einem Polizisten oder einem
kommunalen Mitarbeiter eingereicht wurde.

Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen zum Beispiel liegen nach Angaben
eines Sprechers des dortigen Landratsamtes insgesamt 43 Anzeigen
wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Ausgangssperre vor, davon
richten sich 37 Anzeigen gegen Männer und 6 gegen Frauen. «Gegen die
Ausgangsbeschränkungen haben vorwiegend jüngere Personen verstoßen,
festgestellt in den Innenstadtbereichen Schmalkalden und Meiningen»,
sagte der Sprecher.

Auch in der Landeshauptstadt hielten sich Menschen nach Angaben einer
Sprecherin der Stadtverwaltung nach Beginn der Ausgangssperre vor
allem im Innenstadtbereich unberechtigterweise noch auf. Die
Erwischten seien meist jugendlich und männlich gewesen. Wie viele
Anzeigen es deswegen in Erfurt gegeben hat, konnte die Sprecherin
nicht sagen. Dazu gebe es keine gesonderte Statistik.

Nach den Erfahrungen der Polizei haben aber sehr wahrscheinlich noch
deutlich mehr Menschen gegen die Ausgangssperre verstoßen, als
tatsächlich erwischt wurden. Es handele sich bei derartigen
Ordnungswidrigkeiten um ein sogenanntes Kontrolldelikt, erklärte der
Sprecher der Landespolizeidirektion. Dazu zählt etwa auch die
Drogenkriminalität. Das heißt: Dort, wo viel und gezielt kontrolliert
wird, werden auch viele mutmaßliche Rechtsbrecher ertappt. Deshalb
könne die Polizei keine Angaben darüber treffen, wo die
Ausgangssperre besonders oft verletzt worden sei - auch wenn
Polizisten verhältnismäßig viele Anzeigen im Unstrut-Hainich-Kreis
und im Saale-Holzland-Kreis geschrieben hätten, sagte der Sprecher.

Diejenigen, die mutmaßlich beim Bruch der Ausgangssperre erwischt
worden sind, sahen nach gemeinsamer Einschätzung der Polizei und der
Stadtverwaltung Erfurt in der Regel ein, dass sie wahrscheinlich
gegen geltendes Recht verstoßen haben. «Die weit überwiegende
Mehrheit war - nebst einer Vielzahl von Ausreden - einsichtig zum
Verstoß und ist den behördlichen Anweisungen gefolgt», sagte die
Sprecherin der Stadtverwaltung. Der Polizeisprecher sagte, zwar habe
mancher bei seiner Konfrontation mit der Polizei seinen Unmut kund
getan. «Allerdings kann grundsätzlich nicht von konfliktreichen
Einsätzen gesprochen werden.»