Verfolgung von Corona-Kontakten in «nahezu allen Ämtern möglich» Von Oliver Pietschmann, dpa

Die Verfolgung von Infektionswegen ist in der Corona-Pandemie
wichtig. Die rasant steigenden Infektionszahlen im Winter machten das
jedoch schwierig. Gesundheitsämter stockten in der Pandemie ihr
Personal drastisch auf und sehen sich auf einem guten Weg.

Darmstadt/Kassel (dpa/lhe) - Gästelisten, Kontaktformulare mit
Telefonnummern oder die Corona Warn-App: Instrumente für eine
Nachverfolgung von Infektionsketten gibt es in der Pandemie mehrere.
Mit den drastisch steigenden Infektionszahlen im November und
Dezember stießen einige Gesundheitsämter in Hessen aber an ihre
Grenzen. Mittlerweile sieht man dort aber Licht am Ende des Tunnels.
Dies ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

«Im Gegensatz zum Ende des vergangenen Jahres 2020 melden die
Gesundheitsämter, dass insbesondere in den letzten zwei Wochen eine
vollständige Kontaktpersonennachverfolgung in nahezu allen Ämtern
möglich ist», teilte das hessische Sozialministerium mit. Die
Nachverfolgung der Infektionswege sei das maßgebliche Instrument zur
Eindämmung der Pandemie.

Schon Mitte Oktober hatte Sozialminister Kai Klose (Grüne) gesagt,
dass die Belastung der Gesundheitsämter durch die
Kontaktnachverfolgung auf einem außerordentlich hohen Niveau sei.
Schon damals gaben Gesundheitsämter an, dass Corona-Infektionsquellen
nicht mehr ermittelbar sind. Damals lag die Inzidenz, die Zahl der
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, in den
Kommunen noch im zweistelligen Bereich. Anschließend nahmen die
Neuinfektionen drastisch zu. Städte und Kreise meldeten Inzidenzen im
deutlich dreistelligen Bereich.

Mittlerweile zeigt der seit Mitte Dezember laufende Lockdown mit
umfangreichen Schließungen und auch vorübergehenden
Ausgangsbeschränkungen Wirkung. Die Zahlen sinken. Bei der
Kontaktnachverfolgung stockten die Kommunen personell auf, holten
sich Hilfe und haben mittlerweile mehr Routine.

«Das ist wirklich sehr erfreulich», sagte der Sprecher der Stadt
Kassel, Claas Michaelis. «Die Infektionswege lassen sich wieder
nachverfolgen.» Dies sei um die Weihnachtstage nicht der Fall
gewesen. Eine Nachverfolgung von Kontaktpersonen sei so gut wie nicht
möglich gewesen, aber das sei ja fast überall so gewesen. In dieser
Zeit seien fast 160 Mitarbeiter nur mit Kontaktverfolgung beschäftigt
gewesen. Die Stadt Kassel war vor einigen Tagen hessenweit die erste
Kommune, in der die Inzidenz wieder unter der niedrigsten Warnstufe
von 35 lag.

Auch in der Landeshauptstadt Wiesbaden entspannt sich die Situation.
«Ja, da mit den sinkenden Inzidenzen ebenfalls das diffuse
Infektionsgeschehen zurückgegangen ist, können die Infektionswege
mittlerweile wieder besser zurückverfolgt werden», teilte ein
Sprecher mit. Es stehe ausreichend Personal zur Verfügung. Dennoch
lasse sich längst nicht jede Infektionsquelle feststellen. Die
höchste Inzidenz habe es noch vor dem Lockdown Mitte November mit
Werten deutlich über 250 gegeben. «Durch die Vielzahl an
Neuinfektionen war eine zeitnahe Überprüfung von Infektionswegen und
das Ermitteln von Kontaktpersonen binnen 24 Stunden auch durch
erhöhten Personaleinsatz nicht möglich», sagte der Sprecher über di
e
damalige Situation.

Auch in Hessens größter Stadt Frankfurt gab es im November kurzzeitig
bei Inzidenzen von 300 für zwei Wochen vorübergehend Probleme bei der
Nachverfolgung. Jetzt ließen sich die Infektionswege besser
verfolgen, allerdings habe man mit einer Aufstockung des Personals
bis auf diese zwei Wochen zu jeder Zeit die neu gemeldeten Fälle
zügig kontaktieren können. Aber: «Unabhängig von der Inzidenz gelin
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es in weniger als 50 Prozent der Fälle, die Infektionsquelle
ausfindig zu machen», teilte eine Sprecherin des Gesundheitsamtes
mit. Gründe dafür seien die Zahl der vorangehenden Kontakte und die
Tatsache, dass es asymptomatische Überträger gebe, die sich nicht
identifizieren lassen.

Nach Auskunft des Magistrats von Darmstadt sollte eine Nachverfolgung
unter einem Inzidenzwert von 50 grundsätzlich möglich sein. Die
Angaben der Stadt verdeutlichen wie drastisch teils Personal in der
Pandemie im Infektionsschutz aufgestockt wurde. Vor der Corona-Krise
hätten dort fünf Vollzeitkräfte gearbeitet. Jetzt seien dort im
Corona-Team rund 60 Fachkräfte, mehr als zehn Medizinstudenten, 25
Soldatinnen und Soldaten sowie einige vom Land und vom Landkreis
abgeordnete Mitarbeiter.

Im Odenwaldkreis und im Kreis Fulda, in denen die Inzidenzen
zwischenzeitlich über dem Wert von 350 lagen, ist nach eigener
Auskunft die Nachverfolgung mit zusätzlichen Mitarbeitern zu jeder
Zeit gelungen. Auch im Kreis Groß-Gerau hieß es: «Wir konnten zu
jedem Zeitpunkt seit dem zweiten Lockdown - auch unterstützt durch
den Einsatz einer speziellen Fallbearbeitungs-Software - zeitnah die
Kontaktpersonen ermitteln und ebenfalls unter Quarantäne stellen.»
Die Einschränkungen in Kitas und Schulen seien hier hilfreich
gewesen.

Nach Angaben des Sozialministeriums sind derzeit gut 320 Angehörige
der Bundeswehr in den hessischen Gesundheitsämtern für die Ermittlung
von Infektionswegen im Einsatz. Zusätzlich unterstütze die Bundeswehr
in Alten- und Pflegeeinrichtungen.