Nach Corona: NRW will bessere soziale Absicherung für Künstler

Die Corona-Krise hinterlässt tiefe Spuren in der Kultur. Besonders
freie Künstler sind in großer Not. NRW will jetzt für die Zukunft
vorbauen. Zugleich macht die Landesregierung Hoffnung, dass die
renommierten Theaterfestivals diesen Sommer stattfinden können.

Düsseldorf (dpa) - Als Konsequenz aus der Corona-Krise will
Nordrhein-Westfalen eine bundesweit bessere soziale Absicherung von
Künstlern vorantreiben. Gerade die freischaffenden Künstler hätten
keine großen Rücklagen, sagte NRW-Kulturministerin Isabel
Pfeiffer-Poensgen (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur. Das werde
auch bei der Frühjahrstagung der Kulturminister ein Thema sein.

Die Kulturminister der Länder arbeiteten unter Federführung von NRW
derzeit an Lösungen. «Das geht nicht von heute auf morgen, deshalb
sind die Corona-Hilfsprogramme vorerst unverzichtbar», sagte die
Ministerin. «Aber für mich steht fest: Es darf nicht noch einmal
passieren, dass Künstlerinnen und Künstler urplötzlich vor dem Nichts

stehen.»

Es gebe Künstler, die aktuell an der Kasse im Supermarkt oder bei der
Infektionsnachverfolgung im Gesundheitsamt arbeiteten, um über die
Runden zu kommen und um zu helfen. «Mir haben Künstler berichtet,
dass sie deshalb aus der Künstlersozialkasse rausgeflogen sind. Das
ist natürlich ein absolutes Unding», so Pfeiffer-Poensgen. Es müsse
möglich sein, im Sozialversicherungsrecht Lösungen für eine bessere
Absicherung zu finden.

Das Land NRW ist bereit, der Kultur auch zusätzliche Hilfen über die
vom Bund geplanten Mittel hinaus zu gewähren. «Wir als
Landesregierung sind dazu bereit, das hat auch der Ministerpräsident
im Landtag betont», sagte Pfeiffer-Poensgen. Überlegt werde, das
Stipendienprogramm für freie Künstler zu verlängern, das im Frühjah
r
auslaufe.

Für das Stipendienprogramm hatte die Landesregierung vergangenes Jahr
105 Millionen Euro für insgesamt 15 000 Stipendien bereitgestellt.
Der Bund hatte noch vor dem zweiten Lockdown für die Kultur ein
Programm in Höhe von einer Milliarde Euro aufgelegt und dieses
inzwischen um eine weitere Milliarde aufgestockt. NRW plant seine
zusätzlichen Hilfen komplementär zum Bund.

Die NRW-Ministerin warnte die Kommunen, nach dem Ende der
Corona-Krise bei der Kultur zu sparen. «Ich erwarte von den Kommunen,
dass sie auch in dieser schweren Zeit zur Kultur stehen.» Es habe
deutliche Entlastungen der Städte und Gemeinden gegeben sowohl vom
Bund als auch vom Land. «Aber es wird sicher Debatten geben». Das
Land setze ein «klares Signal» und halte an der Erhöhung des
Kulturetats um 100 Millionen bis 2022 trotz Corona fest. «Und unsere
Corona-Hilfen kommen da noch obendrauf», betonte die Ministerin.

Pfeiffer-Poensgen zeigte sich optimistisch, dass die seit Monaten
wegen der Corona-Pandemie geschlossenen Theater noch in der laufenden
Saison wieder öffnen könnten. «Trotzdem ist das zu einem gewissen
Teil auch Kaffeesatzleserei», räumte sie ein. Die Theater und
Veranstalter hätten sich aber schon in der kurzen Phase der Öffnung
im vergangenen Herbst «sehr flexibel und unglaublich
verantwortungsvoll auf die Situation eingestellt».

Trotzdem sieht die Ministerin noch Probleme. «Es wird eine
unglaubliche Herausforderung werden, die Menschen wieder in die
Häuser zurückzuholen - egal ob es ein kleines freies Theater oder
eine große Konzerthalle ist.» Nicht nur die älteren Menschen seien
vorsichtig. Auch bei den Jüngeren sei die Sorge groß, dass man sich
anstecken könnte. «Ich glaube, dass wir da eine
Riesenüberzeugungsarbeit leisten müssen.» Eine zentrale Rolle spiele

dabei das Thema Belüftung. Hierzu mache das Land derzeit eine große
Studie an Theatern und Konzerthäusern in NRW.

Hoffnung machte Pfeiffer-Poensgen, dass die bundesweit renommierten
NRW-Festivals Ruhrfestspiele und Ruhrtriennale stattfinden können,
wenn auch teils in anderer Form als geplant. Beide Festivals hätten
im Gegensatz zum vergangenen Jahr eine lange Planungsphase gehabt, in
der sie sich auf die jeweilige Pandemie-Situation vorbereiten
konnten. Trotzdem sei das eine große Herausforderung, «weil sie im
Grunde jetzt parallel fahren und analog sowie hybrid planen.» Eine
Option könne auch sein, einen Teil unter freiem Himmel zu
veranstalten. «Ich bin mir sicher: Es wird etwas stattfinden, es wird
auch sehr umfangreich geplant mit verschiedenen Varianten
nebeneinander», sagte die Ministerin.

Die Ruhrfestspiele starten traditionell am 1. Mai, die Ruhrtriennale
beginnt immer im Spätsommer - dieses Jahr am 14. August. Auch das
Festival «Theater der Welt» soll in diesem Jahr nachgeholt werden.