Die Tür ein Stück auf - wie es jetzt an Kitas und Schulen weitergeht Von Jörg Ratzsch, dpa

Seit rund zwei Monaten sind Millionen Kinder und Jugendliche in
Deutschland nun schon zu Hause. Ein weiterer Teil von ihnen darf nun
schrittweise wieder zurück in Schule oder Kita. Doch die neue
Corona-Lage droht die Pläne auszubremsen.

Berlin (dpa) - Im Dezember hatte Sachsen als damaliger Corona-Hotspot
zuerst die Notbremse gezogen und Schulen und Kitas zugemacht. Die
anderen Länder folgten ein paar Tage später. Nach zwei sehr langen
Wintermonaten taut jetzt nicht nur das Land langsam wieder auf, auch
in die Einrichtungen kehrt ein bisschen Leben zurück. Aber die
Hoffnungen, dass es nun schrittweise Richtung Normalität im Schul-
und Kitaalltag zurückgeht, trüben sich schon wieder ein, weil sich
die Corona-Zahlen verschlechtern.

IN VIELEN KITAS WAR NICHT WIRKLICH LOCKDOWN

Insgesamt zehn Bundesländer machen an diesem Montag ihre Kitas und
Grundschulen wieder ein Stückchen weiter auf. Sachsen hat schon vor
einer Woche geöffnet. Niedersachsen unterrichtet Grundschüler bereits
seit Januar wieder in der Schule.

Viele Einrichtungen waren auch in den vergangenen Wochen nie richtig
geschlossen. In den Ländern gab es verschiedene Regelungen: Entweder
alles zu, mit Angebot zur Notbetreuung oder grundsätzlich geöffnet,
aber mit Appell an die Eltern, die Kinder nicht zu bringen. Das hat
dazu geführt, dass mancherorts zumindest in Kitas nicht wirklich
Lockdown war, und auch die Notbetreuung der Grundschulen wurde zum
Teil gut genutzt. Abschlussklassen durften ebenfalls in den Schulen
unterrichtet werden. Für sie hatten Bund und Länder eine
Ausnahmeregel wegen der Prüfungsvorbereitung vereinbart. Diese gilt
weiterhin.

Die meisten Fragezeichen bleiben nun für die Jahrgänge oberhalb der
Grundschule und unterhalb der Abschlussklassen. Es ist offen, wann
sie ihre Schulen wieder von innen sehen. Da die Corona-Zahlen
inzwischen wieder steigen - was Experten auf neue, sich schneller
verbreitende Virusvarianten zurückführen -, werden weitere
Öffnungsschritte erst einmal unwahrscheinlicher.

FLÄCHENDECKEND ODER «FLICKENTEPPICH»

Diesmal passt das Wort «Flickenteppich» wirklich. Denn genau so sieht
die bunt gefärbte Corona-Karte des Robert Koch-Instituts momentan
aus. Es gibt extrem niedrige Ansteckungszahlen in manchen
Landkreisen, sehr hohe dagegen in anderen. Selbst innerhalb der
Bundesländer sind die Unterschiede groß.

Da die Länder Kita- und Schulöffnungen auch an regionale
Ansteckungszahlen (Inzidenzen) gekoppelt haben, bleiben die
Einrichtungen nun in einigen Landkreisen und Städten weiterhin zu
oder nur im eingeschränkten Betrieb, selbst wenn ein Land
grundsätzlich Öffnungen angekündigt hat.

Einen «Flickenteppich» gibt es auch bei den Inzidenzregeln: In Bayern

ist Präsenzunterricht bis zu einem Wert von 100 möglich, in
Mecklenburg-Vorpommern bis 150, in Thüringen bis 200. Wie
Grundschüler jetzt in der Schule unterrichtet werden, ist ebenfalls
unterschiedlich geregelt. Entweder gibt es sogenannten Wechselbetrieb
mit halben Klassen, die abwechselnd zur Schule kommen, oder auch
Vollbetrieb mit festen Gruppen, die sich möglichst nicht begegnen
sollen.

LEHRKRÄFTE UND KITA-PERSONAL FRÜHER IMPFEN

Abstand ist an Grundschulen und Kitas kaum möglich. Deshalb sollen
die Beschäftigten, wenn es nun schon Öffnungen gibt, bei der Impfung
früher dran kommen, nach Angaben von Schleswig-Holsteins
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vielleicht schon im März. Das
Ganze scheint unstrittig und ist dem Vernehmen nach auch schon so gut
wie beschlossen, aber es ist auch nicht so einfach, wie es klingt.

«In dem Moment, wo Sie eine Gruppe höher priorisieren, heißt das,
dass eine andere Gruppe weiter nach hinten rutscht», sagt
Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Trotzdem spricht sie sich
in der Abwägung dafür aus. «Weil wir einfach gesehen haben, welche
große Bedeutung die Kinderbetreuung für viele andere Bereiche in
Deutschland hat, für das Funktionieren unseres Gesamtsystems.»

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnt dagegen, dass Hochbetagte
und Schwerkranke dann ins Hintertreffen geraten könnten. «Wenn jetzt

Berufsgruppen noch weiter nach vorn gesetzt werden sollen, wird das
Leben kosten», sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der dpa. In
Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt insgesamt knapp eine
Million Grundschullehrer und Kita-Beschäftigte.

MASKEN UND TESTS

Nach den letzten Sommerferien war das ein großer Aufreger: Masken in
der Schule, sogar im Unterricht. Jetzt geht es eher um die Frage,
welche Maske. In vielen Schulen müssen auch die Grundschüler nun OP-
oder FFP2-Masken tragen, zum Beispiel im bevölkerungsreichsten
Bundesland Nordrhein-Westfalen. Der Generalsekretär der
Bundesschülerkonferenz, Dario Schramm, ist für eine solche
Pflicht: «Wir erleben das überall sonst im Alltag, warum nicht an den

Schulen?», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Große Hoffnungen werden in den verstärkten Einsatz von Schnelltests
gesetzt. Am besten zwei Mal pro Woche das Kita- und
Grundschulpersonal testen, einschließlich Hilfskräften oder Köchen,

sagt Familienministerin Giffey. Sie sieht das als «Brücke», bis alle

in den Einrichtungen, die das möchten, geimpft sind. Rechnerisch
wären das an die zwei Millionen Tests in der Woche.

Auch das liegt aber in der Hand der Bundesländer. Und die haben
bereits entsprechende Pläne. In Berlin zum Beispiel sollen sich
Grundschullehrkräfte und Erzieherinnen ab Montag zweimal in der Woche
freiwillig testen lassen können. Vorher geschulte Mitarbeiter der
Schulen und Kitas sollen das machen. Ähnliche Regelungen gibt es in
anderen Bundesländern auch.