Israels Grüner Pass bringt Erleichterungen für Corona-Geimpfte Von Sara Lemel, dpa

Ein Jahr nach Beginn der Corona-Krise kehrt in Israel wieder ein
Stück Normalität ein. Fitnessstudios, Kultureinrichtungen und
Schwimmbäder dürfen wieder besucht werden. Dies gilt aber nur für
Besitzer eines Grünen Passes für Geimpfte und Genesene.

Tel Aviv (dpa) - Israel hat am Sonntag spezielle Erleichterungen für
Bürger eingeführt, die gegen das Coronavirus geimpft oder nach einer
Erkrankung genesen sind. Mit einem Grünen Pass dürfen sie unter
anderem wieder Fitnessstudios, Hotels, Theater oder Sportereignisse
besuchen. Gesundheitsminister Juli Edelstein schrieb bei Twitter,
mehr als 3,2 Millionen Israelis könnten ab sofort diese Vorteile
genießen. Ziel ist es, die Wirtschaft im Land wieder anzukurbeln.
«Der Grüne Pass öffnet das Land schrittweise wieder», sagte
Regierungschef Benjamin Netanjahu am Samstagabend.

Die Impfkampagne in Israel ist im Vergleich zu anderen Ländern sehr
weit fortgeschritten. Das Land mit seinen 9,3 Millionen Einwohnern
gilt als Vorreiter. Inzwischen kann sich jeder Bürger im Alter ab 16
Jahren impfen lassen. Die Infektionszahlen im Land sind weiterhin
vergleichsweise hoch, in den vergangenen Wochen jedoch stetig
gesunken.

Im Rahmen eines zweiten Öffnungsschritts nach einem wochenlangen
Lockdown wurden am Sonntag auch Einkaufszentren, Museen, Bibliotheken
und Gebetshäuser für Nicht-Geimpfte geöffnet. Dort müssen weiter di
e
Corona-Regeln wie Maskenpflicht und Abstand eingehalten werden. Auch
die Schulen wurden für weitere Klassen geöffnet.

In Israel kann sich jeder Genesene sowie jeder Geimpfte eine Woche
nach der zweiten Impfung einen Impfausweis online erstellen.
Persönliche Informationen sind mittels eines einfachen QR-Codes
ablesbar. Besitzer eines solchen Impfausweises können sich dann einen
Grünen Pass ausstellen lassen, unter anderem über eine spezielle App.

Am ersten Tag verlief allerdings nicht alles glatt: Die App «Ramzor»,
über die man auf Smartphones den Grünen Pass erstellen kann, stürzte

etwa bei zahlreichen Anwendern immer wieder ab. Das
Gesundheitsministerium teilte daraufhin mit, in den ersten zwei
Wochen könne alternativ auch der Impfausweis vorgezeigt werden.

Das Gesundheitsministerium hat mit der Polizei Maßnahmen vereinbart,
die Fälschungen verhindern sollen. Bei Verstößen drohen Unternehmen
saftige Bußgelder, Fälschern des Grünen Passes hatte
Gesundheitsminister Juli Edelstein sogar mit Haftstrafen gedroht.

Von Elternseite gab es heftige Kritik daran, dass in den
Mittelschulen der Fernunterricht per Videokonferenz-Software Zoom
weitergeht, während die Einkaufszentren bereits geöffnet sind. Auch
Impfgegner kritisierten die Vorteile, die der Grüne Pass ermöglicht,
als ungerecht und illegitimes Druckmittel seitens der Regierung.

Die Leiterin einer Fitness-Kette sprach dagegen am Sonntag von einer
«fantastischen Öffnung». Die Geimpften, die nach Monaten wieder im
Studio Sport machen könnten, seien «glücklich darüber, dass sie ein
e
grüne Insel betreten, auf der ihnen keine Gefahr droht», sagte sie
der Nachrichtenseite ynet.

Das israelische Nationaltheater Habima in Tel Aviv stellte nach der
Wiedereröffnung am Sonntag am Eingang einen Bildschirm mit
Gesichtserkennungssoftware auf. «In der Corona-Krise können wir allen
Einrichtungen helfen, die rasch sehr viele Leute einlassen und ihre
Identität überprüfen müssen», erklärte Ejal Fischer vom Startup

Preciate den Einsatz. Die Software brauche nur eine Sekunde für die
Erkennung und könne auch Fälschungen verhindern, sagte Fischer.
Theaterbesucher könnten ihren Ausweis mit Bild entweder online
einscannen oder sich beim ersten Besuch vor Ort registrieren lassen.
Dem Nationaltheater habe man die Software gespendet, sie koste für
gewöhnlich monatlich bis zu 1500 Schekel (rund 380 Euro) pro Station
mit Bildschirm.

Insgesamt wurden in Israel seit dem 19. Dezember rund 4,3 Millionen
Erst- und fast drei Millionen Zweitimpfungen verabreicht. Zum
Vergleich: Deutschland hat etwa neunmal so viele Einwohner wie
Israel. Dort erhielten bislang knapp 3,2 Millionen Menschen eine
erste und knapp 1,7 Millionen auch eine zweite Impfung.