Projekt für Ärzte zur Corona-Impfung - Ministerin weist Kritik zurück

Um möglichst schnell viele Menschen gegen das Coronavirus zu impfen,
sollen Brandenburgs Praxis-Ärzte eingebunden werden. Vom Bund fehlt
noch grünes Licht - ein Modellprojekt soll trotzdem bald starten.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburger Ärzten soll es ab März in einem
Modellprojekt ermöglicht werden, in ihren Praxen oder bei
Hausbesuchen Corona-Impfungen vornehmen zu können. Das Interesse der
Praxen an dem Modellprojekt sei «sehr groß», sagte Christian Wehry,
Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBB), am Samstag. Rund
500 Praxen hätten sich bereits gemeldet, die bei dem Vorhaben der
Landesregierung mitmachen wollten.

Ziel ist es laut KVBB, landesweit insgesamt rund 50 Praxen zu
identifizieren, die sich kurzfristig an dem Projekt beteiligen
wollen. Die Einbindung der Hausärzte bei den Corona-Schutzimpfungen
war ein Ergebnis des Brandenburger «Impfgipfels» vom Mittwoch.
Bislang dürfen die Arztpraxen keine Corona-Impfungen anbieten.

«Wir werden die Impfungen in einigen Hausarztpraxen erproben», sagte
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) in einem Interview
mit der «Lausitzer Rundschau» und der «Märkischen Oderzeitung»
(Samstagsausgabe). In größerem Rahmen könne das aber erst
funktionieren, wenn ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehe. Zudem
müsse der Bund dafür die Impfverordnung ändern, so die Ministerin.
Ziel der Politik sei es, bis Ende September jedem ein Impfangebot
machen. «Das bedeutet für Brandenburg 3,5 Millionen Impfungen. Dazu
müssen wir im April 440 000 Impfungen und ab Mai 520 000 Impfungen
monatlich verabreichen», rechnete sie vor.

Um das Ziel zu erreichen müssten die Impfzentren laut der Ministerin
«Volllast» fahren. Zudem müssten die mobilen Impfteams verstärkt
werden, die Kliniken seien gefragt und eben auch die niedergelassenen
Ärzte. Kritik an der Impfstrategie des Landes wies sie in dem
Interview zurück. Seit der überlasteten Impfhotline Anfang Januar sei
die gesamte Impfkampagne dauerhaft in «schlechtes Licht» gerückt
worden. Es sei der Begriff «Impfchaos» gefallen. «Es war nicht
chaotisch. Das weise ich zurück.» Es sei klar gewesen, dass
Impfstoffe anfangs nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen
würden. Trotzdem sei eine enorme Erwartungshaltung geschürt worden,
sagte die Ministerin weiter. «In diesem langen Lockdown wurde eine
Heilserwartung hervorgerufen, die nicht erfüllt werden konnte.»

Mittlerweile sei die Impfbereitschaft in Brandenburg Woche um Woche
gestiegen. In allen Bundesländern habe man mit Problemen zu kämpfen.
Nonnemacher: «Es ist bei uns nicht schlechter gelaufen als anderswo.»

Das Modellvorhaben für die Hausärzte kann nach Worten von
KVBB-Vorstandschef Peter Noack nur die erste Etappe sein. Die
Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg unterstütze deshalb
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in seiner Forderung an
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Impfverordnung
endlich anzupassen, damit alle Arztpraxen, die sich bereit erklären,
flächendeckend eingebunden werden können. Laut Noack startete eine
Umfrage unter knapp 1 900 Arztpraxen, um Impfkapazitäten zu erfragen.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Samstag sind bislang
154 624 Corona-Schutzimpfungen im Land durchgeführt worden. Davon
erhielten 85 192 Menschen eine erste Impfung, 69 432 bekamen bereits
ihre zweite.

Der Wert neuer Ansteckungen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer
Woche sank für ganz Brandenburg auf 64,4 nach 66,5 am Freitag. Vor
einer Woche hatte die 7-Tage-Inzidenz landesweit bei rund 73 gelegen.
Die Zahl neuer Corona-Ansteckungen blieb am Samstag etwa auf gleichem
Niveau. Das Gesundheitsministerium berichtete am Samstag von 241
neuen Fällen innerhalb eines Tages nach 289 neuen Fällen am Freitag.
Vor einer Woche waren 288 neue Ansteckungen gemeldet worden.