Debatte um angekündigte Anpassung der Rangfolge bei Corona-Impfung

Pflegekräfte oder Ärzte, die Covid-19-Patienten behandeln, gehören
zur höchsten Prioritätsstufe bei der Corona-Impfung. Viele von ihnen
sind in Thüringen schon geimpft. Deshalb sollen in Kürze Menschen mit
niedrigerem Prioritätsstatus an die Reihe kommen.

Erfurt (dpa/th) - Der vom Landesgesundheitsministerium angekündigte
Übergang zur nächsten Prioritätsgruppe bei den Corona-Impfungen mit
dem Astrazeneca-Mittel ist aus Sicht des Thüringer Hausärzteverbandes
überfällig. Die eigens für Menschen unter 65 Jahre aus der Gruppe mit

höchster Priorität angebotenen Wochenendtermine in den Impfzentren
würden bislang kaum genutzt, sagte Verbandschef Ulf Zitterbart der
Deutschen Presse-Agentur. «Aber Polizisten oder Lehrer würden sich
sicher gern schnell impfen lassen - dürfen es jedoch noch nicht.» Die
Ankündigung des Ministeriums sorgte am Freitag auch für
Gesprächsstoff in der Landespolitik.

In den 14 Thüringer Impfstellen, in denen das Astrazeneca-Präparat
zum Einsatz kommt, sind für diesen Samstag noch Hunderte Termine
frei, wie es am Freitag von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV)
hieß. Diese Einrichtungen reservieren an Wochenenden Impftermine
unter anderem für Pflegekräfte oder medizinisches Personal in
Krankenhäusern unter 65 Jahre. Viele dieser Berechtigten seien aber
inzwischen schon geimpft, sagte KV-Impfkoordinator Jörg Mertz. «Und
dieser Personenkreis ist auch nicht so groß.»

Das Ministerium hatte deshalb am Mittwoch angekündigt, von der
kommenden Woche an schrittweise den Kreis der Impfberechtigten
auszudehnen. Das gilt allerdings nur für die Immunisierung mit dem
Astrazeneca-Mittel. Er wird derzeit nur für Erwachsene unter 65
Jahren eingesetzt, da in die Zulassungsstudien zu wenig Menschen
höheren Alters einbezogen waren und es deshalb bislang nicht
ausreichend Erkenntnisse über die Wirksamkeit bei ihnen gibt. Der
Biontech/Pfizer-Impfstoff bleibt weiter den über 80-Jährigen
vorbehalten.

Zustimmung kam von der FDP-Landtagsfraktion. «Es ist der richtige
Schritt, den vorhandenen Impfstoff trotz bestehender Möglichkeiten
nicht zu lagern, sondern jetzt mit dem fließenden Übergang zur
zweiten Prioritätengruppe zu beginnen», erklärte der FDP-Abgeordnete

Robert-Martin Montag. Es müssten alle Anstrengungen unternommen
werden, so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich zu
impfen. Die Fraktionen von CDU und Grünen wiederholten ihre
Forderung, nun auch Lehrkräfte zu impfen.

Das Ministerium arbeitet derzeit an einer Rangfolge innerhalb der
nächstfolgenden Zielgruppe («hohe Priorität»). Dies sei nötig, we
il
diese Gruppe sehr groß sei. Details dazu werden Anfang der kommenden
Woche erwartet. Der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Leibiger
forderte vorab die Bildung einer Kommission für
Einzelfallentscheidungen über die bevorzugte Terminvergabe für
Astrazeneca-Impfungen an Menschen mit Behinderungen und
Vorerkrankungen.

Zitterbart plädierte für einen baldigen Beginn der Impfungen in den
Hausarztpraxen. «Ich sehe gar keine andere Möglichkeit, damit wir
vorwärts kommen.» Dabei sollten die 29 Impfstellen landesweit in die
Verteilung des Impfstoffs an die Praxen eingebunden werden.
Erforderlich sei außerdem eine in den Praxen leicht zu bedienende
Software, da verabreichte Impfungen sofort online an das
Robert-Koch-Institut gemeldet werden müssten.

Auch die SPD-Landtagsabgeordnete Cornelia Klisch, selbst
niedergelassene Ärztin, ist für die Einbindung von Hausarztpraxen in
die Impfkampagne. Sie verwies am Freitag auf entsprechende
Pilotprojekte, die in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen vorbereitet
würden. In Thüringen waren bis Freitag mehr als 91 200 Menschen
zumindest bereits einmal gegen Covid-19 geimpft.