G7-Gipfel: Milliardenzusagen für globalen Kampf gegen Pandemie

Die Corona-Pandemie kann nicht erfolgreich bekämpft werden, solange
das Virus in Entwicklungsländern wütet. Die G7-Staaten treiben die
Verteilung von Impfstoffen voran. Aber es muss noch mehr geschehen.

Berlin (dpa) - Mit Milliardenzusagen für die globale Impfkampagne
wollen die sieben großen Wirtschaftsmächte (G7) den Kampf gegen die
Corona-Pandemie in armen Ländern vorantreiben. Zum virtuellen
G7-Gipfel am Freitag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den
anderen Staats- und Regierungschefs der «Gruppe der Sieben» sagte
US-Präsident Joe Biden bis zu vier Milliarden US-Dollar zu. Die
Bundesregierung stellt 1,5 Milliarden Euro bereit. Nach Informationen
der Deutschen Presse-Agentur kommen weitere 500 Millionen Euro für
die Verteilung von Impfstoffen von der Europäischen Union.

«Covid hat uns gezeigt, dass keine Nation im Angesicht einer Pandemie
alleine handeln kann», teilte das Weiße Haus mit. Der neue
US-Präsident Biden setze sich auch für weltweite
Gesundheitssicherheit ein. «Alle Länder sollten in der Lage sein,
Ausbrüche zu verhindern, zu erkennen und darauf zu reagieren.»
Zunächst stellen die USA zwei Milliarden Dollar für die
Impfinitiative Covax bereit. Weitere zwei Milliarden werden über zwei
Jahre freigegeben, wenn andere ihre Zusagen erfüllt haben.

Der Kampf gegen die Pandemie und die Verteilung von Impfstoffen waren
das Hauptthema des Online-Gipfels der G7. Es ist das erste große
internationale Treffen, an dem der neue US-Präsident teilnahm.
Gastgeber ist der britische Premierminister Boris Johnson. Zu den G7
gehören auch Frankreich, Italien, Kanada und Japan. Im Anschluss
stand die Sicherheitskonferenz in München auf dem Programm.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzte sich dafür ein, dass
reiche Länder vier bis fünf Prozent ihrer Impfdosen möglichst schnell

an ärmere Länder abgeben. Er habe dies mit Merkel besprochen, und sie
unterstütze dies, sagte Emmanuel Macron der «Financial Times». Eine
solche Spende würde die Impfpläne der reicheren Länder nicht stören
.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf begrüßte den Vorstoß:
«Sehr willkommen, eine fantastische Entwicklung.»

Die Bemühungen für eine gerechte Verteilung der Impfstoffe in der
Welt sind in dem sogenannten ACT-Accelerator (Access to Covid-19
Tools Accelerator) mit der Covax-Initiative gebündelt, die die WHO
und die Impfallianz Gavi vorantreiben. Die USA waren erst
beigetreten, nachdem Biden im Januar Donald Trump als Präsident
abgelöst hatte.

Das Covax-Programm braucht in diesem Jahr 6,8 Milliarden Dollar, um
sein Ziel zu erreichen, mit 1,3 Milliarden Dosen rund 20 Prozent der
Bevölkerung in Entwicklungsländern zu impfen. Nach Angaben von
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und der WHO fehlen aber
insgesamt 27 Milliarden US-Dollar für die allgemeine medizinische
Antwort auf die Corona-Pandemie. Dabei sind neben Impfstoffen auch
Forschung, Tests und Diagnostik mitgerechnet.

Der deutsche Beitrag von 1,5 Milliarden Euro für Covax wurde bereits
vom Haushaltsausschuss des Bundestags freigegeben. Neu zugesagt sind
die 500 Millionen Euro der Europäischen Union. Wie die dpa aus
EU-Kreisen erfuhr, sollen 300 Millionen Euro davon als Zuschuss
fließen. Die restlichen 200 Millionen Euro würden als - über den
EU-Haushalt abgesicherter - Kredit vergeben. Neben diesem Beitrag für
Covax ist den Angaben zufolge geplant, noch 100 Millionen Euro zur
Unterstützung von Impfkampagnen in Afrika bereit zu stellen.

Der britische G7-Gastgeber Johnson forderte eine Beschleunigung der
Produktion von Vakzinen. Es sei eine beispiellose globale Leistung
gewesen, innerhalb von rund 300 Tagen einen Corona-Impfstoff zu
entwickeln. Ziel sei es, künftig nur noch 100 Tage zu benötigen. «Die

Entwicklung brauchbarer Coronavirus-Impfstoffe bietet die verlockende
Aussicht auf eine Rückkehr zur Normalität, aber wir dürfen uns nicht

auf unseren Lorbeeren ausruhen», sagte Johnson.

Entwicklungsorganisationen begrüßten die Finanzzusagen. «Es weht ein

neuer Wind aus Washington», sagte Stephan Exo-Kreischer von der
Organisation One. Er forderte aber eine «Abkehr vom
Impfnationalismus». Auch die USA hätten sich mehr Dosen gesichert als
sie benötigten. «Hier gilt leider auch für Biden nach wie vor
«America first» - und das ist gefährlich.» Das Vorgehen führe zu

Knappheit und erschwere es armen Ländern, an Impfstoffe zu kommen.
«Das ist leider das beste Rezept, um die Pandemie zu verlängern.»

Auch das Kinderhilfswerk World Vision hieß die Milliardenzusagen
willkommen, riet aber zu einem breiteren Ansatz mit einer Stärkung
des Gesundheitswesens in armen Ländern, um künftig besser vorbereitet
zu sein. Oxfam sah in dem deutschen Beitrag ein «wichtiges Signal in
dieser kritischen Phase». Entwicklungsexpertin Sandra Dworack sagte:
«Niemand ist sicher, ehe nicht alle sicher sind.» Der Beitrag dürfe
nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den ärmsten Ländern weiter
viele Millionen Menschen ohne Impfschutz bleiben werden. Gleichzeitig
sicherten sich G7-Länder mehr Impfstoffe als sie brauchten.

Die Expertin kritisierte, dass alle G7-Regierungen die Aussetzung des
Patentschutzes für Covid-19-Vakzine blockierten, obwohl dies dazu
beitragen würde, sehr viel schneller ausreichend kostengünstige
Impfdosen für alle Menschen auf der Welt zu produzieren.
Pharmakonzerne müssten Impfstoffe zu einem erschwinglichen Preis
anbieten und ihr Wissen mit anderen Unternehmen teilen, damit schnell
größere Mengen produziert werden können. Regierungen müssten in
Anlagen zur Massenproduktion investieren.