Corona-Kennziffer steigt leicht - Stamp: «Sehr vorsichtig sein»

Die Marke 50 schien zum Greifen nah. Doch die Corona-Kennziffer
steigt trotz Lockdown wieder an. Seit längerem wird vor der Gefahr
einer dritten Welle durch Mutationen gewarnt. Die Landesregierung
schließt weitere Öffnungsschritte als die geplanten derzeit aus.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die wichtige Sieben-Tage-Kennziffer für
Corona-Neuinfektionen ist nach einem längeren Abwärtstrend im
bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen erneut leicht
gestiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am
Freitagmorgen einen Wert von 58,0 Neuinfektionen pro 100 000
Einwohner binnen sieben Tagen im Landesdurchschnitt. Am Donnerstag
hatte der Wert bei 57,1 und am Mittwoch bei 56 gelegen. Am Freitag
vor einer Woche lag der Wert zwar noch etwas höher bei 59,3. Nun
rücken aber die in der Öffnungsdebatte heftig diskutieren Schwellen
von 50 und 35 zumindest vorerst wieder ein Stück in weitere Ferne.

Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) schließt weitere
Öffnungsschritte über die bereits angekündigten und unmittelbar
bevorstehenden Schritte bei den Kitas und Schulen in der
gegenwärtigen Lage vorerst aus. «Wir haben jetzt im Moment
stagnierende Zahlen, und deswegen werden wir bei den
Öffnungsschritten sehr, sehr vorsichtig sein. Deswegen wird die
Landesregierung im Moment jetzt noch keine weiteren Öffnungsschritte
vornehmen», sagte er am Freitag in einem Interview von WDR2.

In anderen Bereichen werde es nur minimale Anpassungen geben im
Vergleich zu anderen Ländern. «Aber wir müssen momentan noch sehr
genau die Situation beobachten», erklärte Stamp das Vorgehen.

Der Familienminister schließt zudem nicht aus, dass es bei steigenden
Corona-Zahlen auch bei den Kitas wieder Einschränkungen geben könnte.
«Wenn insgesamt die Zahlen steigen, werden wir natürlich auch im
Kita-Bereich wieder andere Beschränkungen vornehmen müssen.» Das
würde er dann erst mit Trägern, Gewerkschaften und Elternverbänden
beraten, um zu vernünftigen Lösungen zu kommen. «Jetzt gilt aber
erstmal, dass wir die Kinder für Montag wieder einladen.» Ab dem 22.
Februar gilt in NRW ein eingeschränkter Regelbetrieb mit pauschal um
zehn Wochenstunden reduzierter Betreuung in festen Gruppen.

CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen ist bei der Frage der
Öffnungen im Corona-Lockdown gegen einen Automatismus. «Das ist ja so
wie ein Busfahrplan, das heißt, ich kann die nächste Station sehr
genau beschreiben. Was ich nicht will, ist ein Automatismus, der
sagt, ab dem Wert X passiert dieses und jenes», sagte Löttgen am
Freitag in einem Interview von WDR5. Er sprach sich damit gegen ein
verbindlichen Stufenmodell für weitere Lockdown-Öffnungen aus.

NRW gehe nach einer genau beschriebenen Schrittfolge vor, was etwas
anderes sei als ein verbindlicher Stufenplan. «Wir haben definiert,
der nächste Schritt ist der eingeschränkte Regelbetrieb in der Kita
und ein abgewogenes Wiederöffnen in den Schulen mit
Wechselunterricht, mit Präsenzunterricht für die Abschlussklassen,
damit auch Prüfungen weiterhin einen Wert haben, erläuterte Löttgen.


«Und jetzt müssen wir schauen, welches Ergebnis bringt diese Öffnung

für uns, und erst danach kann man den nächsten Schritt, der
allerdings auch schon beschrieben ist, tatsächlich auch vollziehen.»
Erst einmal gehe es um Bildungschancen. Anschließend, wenn das
funktioniere, und wenn die Inzidenzzahlen sich nicht dramatisch
veränderten, könnten die nächsten Schritt gegangen werden, Öffnung

von Friseuren und Einzelhandelsgeschäften unter Hygiene-Auflagen.

Eine schrittweise Rückkehr in die Klassenräume nach wochenlangem
Distanzunterricht läuft in Nordrhein-Westfalen bald an. In NRW sollen
Grundschüler und Förderschüler der Primarstufe ab 22. Februar in
festen Lerngruppen und im Wechselmodell wieder in die Schulen
zurückkehren. Dabei sollten alle im selben Umfang Präsenz- und
Distanzunterricht erhalten, wie das NRW-Schulministerium in der
vergangenen Woche mitteilte. Auch die Abschlussjahrgänge und Schüler
der 11. Klassen kehren ab dem 22. Februar in den Präsenzmodus zurück.

Laut den jüngsten RKI-Daten von Freitag meldeten die
NRW-Gesundheitsämter innerhalb eines Tages 2090 Neuinfektionen
(Vortag: 2069). Außerdem wurden 96 Todesfälle gemeldet (Vortag: 82).
Am Freitag der vergangenen Woche waren die Zahlen der Neuinfektionen
(1880) und Todesfälle (68) niedriger. Die Gesamtzahl der Menschen,
die an oder mit Covid starben, stieg in NRW auf nunmehr 12 520.

Vier Städte oder Kreise in NRW lagen am Freitag unter dem
Inzidenzwert von 35: Münster (17,1), Mönchengladbach (26,4) und
Coesfeld (31,7) sowie die Städteregion Aachen (32,3). Bund und Länder
hatten sich auf einen Inzidenzwert von 35 als Orientierung für
mögliche Lockerungen verständigt. Den höchsten Wert gab es in Hagen
(109,2). Auch Solingen (108) lag über der Marke von 100.

In Düsseldorf macht die in Großbritannien entdeckte, wohl deutlich
ansteckendere Variante des Coronavirus inzwischen bereits mehr als 40
Prozent der Corona-Infektionen aus, wie die Landeshauptstadt am
Donnerstag berichtet hatte. Seit Dienstag steige auch der
Sieben-Tage-Inzidenzwert in Düsseldorf wieder an.