Polizisten sollen früher Corona-Impfung erhalten als geplant

Die Polizei ist eigentlich noch nicht dran mit der Corona-Impfung.
Doch weil Impfstoff von Astrazeneca übrig ist, will die Regierung in
Brandenburg ihnen einen früheren Schutz ermöglichen als geplant, etwa
wenn sie im Einsatz bei Corona-Demos sind.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburg will Berufsgruppen mit Risikoeinsätzen
wie Polizisten eine Corona-Impfung ermöglichen - auch wenn sie bisher
nicht zur ersten Impfgruppe gehören. Das Land werde bis zum 1. April
170 400 Impfdosen von Astrazeneca bekommen - das sei deutlich mehr
als für Menschen mit der höchsten Impfpriorität im Alter von 18 bis
64 Jahre nötig sei, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums,
Gabriel Hesse, am Donnerstag. Zudem stünden viele freie Impftermine
zur Verfügung. Alle verfügbaren Impfdosen sollten schnell genutzt
werden. Deshalb könnten nun auch Polizei- und Ordnungskräfte, die
einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt seien sowie Mitarbeiter im
öffentlichen Gesundheitsdienst eine Impfung erhalten. Das gelte auch
für Beschäftigte und Bewohner von Flüchtlings- und
Obdachloseneinrichtungen. Die Ständige Impfkommission hat den
Impfstoff von Astrazeneca nur für unter 65-Jährige empfohlen.

Es gehe zunächst um gut 1000 Polizisten im Streifendienst oder in
Bereitschaft, die zum Beispiel auf Anti-Corona-Demonstrationen im
Einsatz seien, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Martin
Burmeister. Das Gesundheitsministerium habe das Innenministerium
darüber informiert, dass mehr Impfstoff von Astrazeneca zur Verfügung
stehe als erwartet. Nach Ansicht des Landes handelt es sich nicht um
einen Verstoß gegen die Reihenfolge beim Impfen. Nonnemacher hatte in
der vergangenen Woche noch bedauert, dass etwa Polizisten noch nicht
geimpft werden könnten.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Februar die
Reihenfolge der Impfungen neu festgelegt. Höchste Priorität haben
über 80-Jährige, Pflegeheimbewohner und Pflegekräfte sowie
Medizinpersonal mit erhöhtem Corona-Ansteckungsrisiko. Zur zweiten
Gruppe mit hoher Priorität gehören neben über 70-Jährigen, Menschen

mit geistiger Behinderung, schwerer psychiatrischer Erkrankung, mit
schweren chronischen Lungen- oder Lebererkrankungen unter anderem
auch Polizei- und Ordnungskräfte, die im Dienst einem erhöhten
Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Nach der Corona-Impfverordnung des Bundes kann von der Reihenfolge in
Einzelfällen abgewichen werden, zum Beispiel um zu vermeiden, dass
Impfstoff vernichtet werden muss. Polizisten waren auch in anderen
Ländern bereits geimpft worden, etwa in Sachsen.

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin geht bei der Priorisierung von
Impfungen eigene Wege. Im Impfzentrum Kyritz seien am Mittwoch neben
den priorisierten ambulanten und stationären Pflegekräften auch
Verwaltungsmitarbeiter des Landkreises und der zugehörigen Städte und
Gemeinden geimpft worden, teilte Landrat Ralf Reinhardt (SPD) mit. Er
habe auf einen Hilferuf aus dem Impfzentrum reagiert, das über
geringe Nachfrage nach Impfterminen der Menschen berichtete, die
prioritär mit dem Präparat von Astrazeneca geimpft werden sollen.
Daher sei kurzfristig interessierten Mitarbeitern ihrer Verwaltungen,
aber auch Feuerwehrleuten oder Kita-Mitarbeitern eine außerplanmäßige

Impfung angeboten worden.

Zunächst seien die priorisierten Personengruppen informiert worden,
betonte Reinhardt. Trotz dieser Bemühungen seien Termine «in
Größenordnungen» unbesetzt geblieben. Der gesundheitspolitische
Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Ronny Kretschmer, nannte das
Handeln des Landrats unverantwortlich. Es handle sich um einen klaren
Rechtsbruch.

Kritik gab es auch vom Gesundheitsministerium. Das ist nicht
akzeptabel, sagte Ministeriumssprecher Hesse. Das Ministerium habe
Verständnis für die Diskussion um eine frühere Impfung für Lehrer u
nd
Erzieher, alle müssten sich aber an die geltende Impfverordnung
halten.

Der Landtagsabgeordnete und SPD-Fraktionschef Erik Stohn reagierte
auf die Vorgänge im Landkreis eher selbstkritisch. «Wir müssen
offensichtlich früher mit der Terminvergabe und Ansprache der
Impfberechtigten beginnen», schätzte Stohn ein. Außerdem müsse die

Aufklärungskampagne zum Impfen früher starten. Zudem gebe es
offensichtlich erhebliche Lücken in der Logistik, die schnell behoben
werden müssten. «Wir sollten dieses Problem nicht hektisch auf die
untere Ebene verlagern, sondern als Land besser werden.»

Bei einem zweiten «Impfgipfel» vereinbarten Landesregierung und
Kommunen am späten Mittwochabend, dass Corona-Impfungen auch in
Schwerpunkt-Arztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren möglich
werden sollen. Dazu soll ein Modellversuch mit Impfungen bei
Hausärzten starten. Regierung und Kommunen bekräftigten zusätzlich zu

den elf Impfzentren den Aufbau von sieben regionalen Impfstellen.