Verwirrung wegen Bescheinigungen für Pendler aus Tirol und Tschechien

Kurzfristig wurde die Frist für die Bescheinigung der Grenzgänger
noch einmal verschoben. Aber schon jetzt ist klar: Ausnahmen gibt es
in Bayern nur für wenige Pendler.

München (dpa/lby) - Zahlreiche Betriebe in Bayern haben auf eine
Ausnahme für ihre Mitarbeiter aus Tschechien und Tirol gehofft - doch
nur wenige bekommen tatsächlich eine Bescheinigung ausgestellt. Rund
2500 systemrelevante Unternehmen im Freistaat dürfen weiterhin
Grenzgänger beschäftigen, wie das Bayerische Innenministerium am
Mittwoch mitteilte.

Die meisten Ausnahmen gibt es nach Angaben der Regierungen für
Betriebe in den Grenzregionen: In der Oberpfalz dürfen Grenzgänger
von 750 Unternehmen weiter arbeiten, in Oberbayern von 715, in
Niederbayern von 385 und in Oberfranken von 199. In Mittelfranken
gilt für 54 Betriebe eine Ausnahme, in Unterfranken nur für 6.

Doch die Zahlen könnten sich noch ändern. «Wir erwarten noch weitere

Nachmeldungen», sagte ein Sprecher der Regierung von Schwaben am
Mittwochnachmittag. Bis Dienstagabend seien es noch 309 Betriebe
gewesen, im Laufe des Mittwochs habe es schon 33 Nachmeldungen
gegeben. «Das ist schon eine Hauruckaktion», kritisierte der
Sprecher. «Für die Kreisverwaltungsbehörden vor Ort ist das auf die
Schnelle sicher nicht so einfach.»

Denn die Landkreise und kreisfreien Städte müssen innerhalb weniger
Tage entscheiden, welche Grenzgänger aus Tirol und Tschechien
tatsächlich systemrelevante Berufe ausüben. Dazu zählen
beispielsweise Beschäftigte in der Arzneimittel- und
Medizinproduktion, Mitarbeiter von Berufsfeuerwehren und
Sicherheitsdiensten oder Beschäftigte in öffentlichen Einrichtungen.

Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen gewährt nach eigenen Angaben
zum Beispiel Ausnahmen für Angestellte von Kliniken und eines
Tierheims. Doch viele Unternehmen weisen die Behörden auch wieder
zurück. Das Landratsamt Wunsiedel bearbeitete beispielsweise 184
Anträge für 1267 Grenzgänger - und stufte am Ende nur 73 Unternehmen

mit 475 Grenzgängern als systemrelevant ein.

Die Bescheinigung müssen Pendler aus Tirol und Tschechien ab
kommenden Freitag bei ihrer Einreise vorlegen. Eigentlich sollte die
Regelung schon ab Mittwoch gelten. Doch auf Bitte der sächsischen
Regierung sei die Frist um zwei Tage verlängert worden, hieß es auf
Nachfrage aus dem Bundesinnenministerium.

Die Arbeitgeber in Sachsen bräuchten mehr Zeit, um sich auf die neuen
Regelungen vorzubereiten, so die Begründung. Um Verwirrung und eine
Ungleichbehandlung an den Grenzübergängen in Sachsen und Bayern zu
verhindern, wurde die Frist kurzfristig auch für den bayerischen
Grenzabschnitt verlängert. Es sei ein spontaner «Kraftakt», räumte

auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch ein.

Doch mit den Papieren kämen die Beschäftigten aus Tschechien und
Tirol nun «problemlos und schnell über die Grenze», betonte Herrmann.

Anfang der Woche wiesen Bundespolizei und die Bayerische Grenzpolizei
noch mehr als 6700 Personen zurück, es bildeten sich teilweise
kilometerlange Staus. Inzwischen habe sich die Verkehrslage an der
Grenze entspannt, das liege auch an den Impfmöglichkeiten in
Österreich und Tschechien.

Doch in Tschechien sorgen die strengen Grenzkontrollen und
Einreiseregeln für teils erhebliche Komplikationen. Vor einem
Testzentrum in Rozvadov an der Autobahn D5/E50 Prag-Nürnberg bildete
sich am Mittwoch ein zwölf Kilometer langer Lkw-Rückstau auf der
rechten Fahrspur. Zeitweise standen nach Angaben der Feuerwehr bis zu
1000 Menschen in der Schlange vor den beiden Zelten, in denen
getestet wird.

«Wir versuchen, die Situation zu retten», sagte ein Sprecher der
Feuerwehr. Manche Lkw-Fahrer im Transitverkehr sprächen weder
Englisch noch Tschechisch oder Deutsch. Der tschechische
Spediteursverband Cesmad Bohemia beklagte, dass mehr als die Hälfte
aller grenzüberschreitenden Lieferungen verspätet eintreffe.

Wegen der neuen Virus-Varianten dürfen seit Sonntag aus Tschechien
und weiten Teilen Tirols nur noch Deutsche sowie Ausländer mit
Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen
gibt es für Pendler systemrelevanter Berufe und Lastwagenfahrer. Sie
müssen sich digital anmelden und an der Grenze einen negativen
Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.