Erbgutanalyse: Neandertaler-Erbe beeinflusst Covid-19-Verlauf

Leipzig (dpa) - Das genetische Erbe der längst ausgestorbenen
Neandertaler kann Menschen heute einer Studie zufolge vor einem
schwerem Covid-19-Verlauf schützen: Die Neandertaler haben im
menschlichen Genom Genvarianten hinterlassen, die das Risiko, bei
einer Sars-CoV-2-Infektion schwer zu erkranken, wohl um gut 20
Prozent reduzieren. Das zumindest berichten Hugo Zeberg und Svante
Pääbo vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in
Leipzig im Fachmagazin «Proceedings of the National Academy of
Sciences» («PNAS»).

In einer früheren Arbeit hatten die Wissenschaftler allerdings
herausgefunden, dass andere Neandertaler-Genvarianten das Risiko, im
Verlauf einer Infektion künstlich beatmet werden zu müssen oder zu
sterben, deutlich erhöhen. «Das zeigt, dass unser Neandertaler-Erbe
ein zweischneidiges Schwert ist. Es hat uns Varianten beschert, für
die wir den Neandertalern gleichermaßen danken und sie verfluchen
können», erläuterte Zeberg.

Vor etwa 40 000 Jahren starben die Neandertaler aus - allerdings
verschwanden sie nicht völlig. Da sie in den letzten Jahrtausenden
ihrer Existenz auch Kinder mit modernen Menschen gezeugt hatten, sind
Spuren ihres Erbguts bis heute in unserem Genom nachweisbar. Die nun
entdeckte schützende Neandertaler-Genvariante liegt in einem Bereich
auf Chromosom 12. Die Gene dort bilden Enzyme, die am Abbau von
Virus-Erbgut beteiligt sind - und die Neandertaler-Variante scheint
dabei besonders effektiv zu sein.

Die Forscher zeigten weiter, dass die schützende Variante sich seit
der letzten Eiszeit immer weiter durchgesetzt hat und sie heute bei
etwa der Hälfte aller Menschen außerhalb Afrikas im Genom zu finden
ist. «Es ist auffällig, dass diese Neandertaler-Variante sich in
vielen Teilen der Welt durchgesetzt hat. Sie war möglicherweise nicht
nur in der aktuellen Pandemie nützlich, sondern auch bereits in der
Vergangenheit», so Pääbo.