Studie der Uniklinik: 9 Prozent der positiven Proben in NRW Mutanten

Die Corona-Mutanten aus England oder Südafrika gelten als
ansteckender als das eigentliche Virus. Aber bei wie vielen Menschen
in NRW können sie nachgewiesen werden? Die Uniklinik Münster hat
jetzt eine Studie vorgelegt und nennt einen Prozentsatz.

Münster (dpa/lnw) - Laut einer Studie der Uniklinik Münster sind rund
9 Prozent der in Nordrhein-Westfalen positiv auf das Coronavirus
getesteten Proben auf die als ansteckender geltenden Virusmutanten
zurückzuführen. Das teilte das Gesundheitsministerium des Landes am
Mittwoch mit. Für die Studie wurde 933 Proben (Stichtag 27. Januar
2021) ausgewertet, die laut Ministerium weitestgehend als
repräsentativ für die 53 Kreise des Landes gelten. Nicht alle Kreise
konnten allerdings die gewünschte Anzahl von 5 bis 6 Proben pro
100 000 Einwohner liefern.

In 73 Proben wurde die englische Variante B.1.1.7 entdeckt, in fünf
die Mutante aus Südafrika. Die Variante aus Südamerika ist nicht
vertreten. Laut Mitteilung treten die Virusmutanten eher in den
Ballungsräumen auf. Ländliche Regionen, auch die Grenzregion zu den
Niederlanden, seien weniger betroffen.

«Unsere Daten deuten darauf hin, dass die Virus-Varianten weniger
über die grenznahen Regionen als vielmehr durch überregionale
Mobilität hinein in die Ballungsräume getragen werden», sagt
Alexander Mellmann, Direktor des Instituts für Hygiene am
Universitätsklinikum Münster und Leiter der Studie.

Die in Großbritannien entdeckte, wohl deutlich ansteckendere Variante
des Coronavirus breitet sich nach Angaben von
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in Deutschland schnell aus. Nach
neuen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) stieg der Anteil der in
Großbritannien entdeckten Mutation binnen zwei Wochen von knapp 6 auf
mehr als 22 Prozent, teilte Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin mit. 

Vor allem die Mutante B.1.1.7, die nach konservativen Schätzungen 35
Prozent ansteckender ist, bereitet den Virologen Sorgen. Auch für
andere Varianten wie die südafrikanische wird eine höhere
Übertragbarkeit angenommen, genaue Daten dazu gibt es aber noch
nicht.

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Studie mit dem Titel
«Molekulare Surveillance von SARS-CoV-2-Varianten in NRW» mit 200 000

Euro. Ziel ist es, Ergebnisse zur tatsächlichen Verbreitung von
Virusmutationen im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW zu erhalten.

Über das Ergebnis zeigte sich der Studienleiter nicht überrascht.
«Tatsächlich entspricht im Ergebnis der hohe einstellige
Prozentbereich genau dem, was ich so aus dem Bauch heraus geschätzt
hätte», sagt Mellmann in einer Mitteilung der Uniklinik. Mit dieser
Einschätzung habe er aber nicht alleine gestanden, betont der
Professor, «sondern namhafte Virologen, u.a. Christian Drosten von
der Charité haben das ähnlich vorhergesagt, allerdings ohne dass es
bisher eine verlässliche Datenbasis gegeben hätte.» I

«Nordrhein-Westfalen nimmt damit eine Vorreiterrolle in der
molekularen Surveillance ein. Die Studie liefert erstmalig einen
repräsentativen Überblick zur Verbreitung von Virusvarianten. Typisch
für das Virus: Dort, wo viele Menschen aufeinandertreffen und die
Bevölkerungsdichte hoch ist, verbreitet sich das Virus schneller -
egal ob Mutation oder die uns bekannte Variante», sagte
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) laut Mitteilung. Der
Minister hatte Mitte Januar im Landtag angekündigt, sich einen
schnellen Überblick über die Ausbreitung verschaffen zu wollen. Sorge
hatte ihm damals der Nachweis von Mutationen bei 10 Prozent der
Corona-Infizierten im Nachbarland Niederlande bereitet.

In einzelnen Städten wie Düsseldorf liegt der Anteil der
nachgewiesenen Mutanten an positiven Proben höher als im
Landesschnitt. In der Landeshauptstadt wurde bei 27 Prozent der
Nachweise die britische Variante gefunden. Das geht aus einer Antwort
von Oberbürgermeisters Stephan Keller (CDU) an die Ratsgruppe
Tierschutz/Freie Wähler zu möglichen Lockerungen hervor, die der
Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert von der
NRW-Landesregierung, dass in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern
alle Corona-Fälle auf die Mutanten hin untersucht werden. «Das muss
das Gesundheitsministerium jetzt anordnen und dafür auch die Kosten
übernehmen», teilte Stiftungsvorstand Eugen Brysch zur Studie aus
Münster mit.

Mutationen werden bei den Corona-Tests nicht automatisch erkannt.
Dafür ist ein besonderes und teures Analyse-Verfahren nötig. Erst mit
der sogenannten Sequenzierung kann zum Beispiel die englische
Variante nachgewiesen.