Fastenvorsätze der Spitzenkandidaten: Besinnen aufs Wesentliche

Nach Ansicht der Spitzenkandidaten für die Landtagswahl kann die
Fastenzeit Menschen die Chance bieten, sich auf Wesentliches zu
konzentrieren. Aller politischer Differenzen zum Trotz werden bei
diesem Thema auch Gemeinsamkeiten deutlich.

Mainz (dpa/lrs) - Worauf kommt es im Leben an? Was wird überbewertet?
Fragen, die sich in der Corona-Pandemie viele Menschen stellten. Nach
Ansicht der Spitzenkandidaten für die rheinland-pfälzische
Landtagswahl kann die Fastenzeit dabei helfen, Antworten darauf zu
finden. Da die Politikerinnen und Politiker mitten im Wahlkampf
stecken, müssen sie auf vieles verzichten, was ihnen sonst lieb und
teuer ist. Da sind manchmal auch Alternativen gefragt. Ein Überblick:

MALU DREYER (SPD)

Für Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist die Fastenzeit jedes Jahr
nach eigenen Angaben ein guter Anlass zu fragen, was in ihrem Leben
wichtig ist und was sie in ihrem Alltag ändern will. Die vorige
Fastenzeit habe sie genutzt, noch stärker Plastik zu vermeiden und
beispielsweise auf Einwegbecher und nicht wiederverwertbare Flaschen
zu verzichten. Doch Fastenzeit bedeute für sie nicht nur zu
verzichten, sondern auch zu geben, betonte die Regierungschefin.

«In diesem Jahr müssen die Menschen auf so vieles verzichten,
deswegen rückt für mich das Geben und Teilen noch stärker in den
Fokus», sagte Dreyer. Das könne jeder tun: Aufmerksamkeit schenken,
den anderen mit seinen Bedürfnissen wahrnehmen und so Freude
bereiten. Es brauche nicht immer viel, um Menschen eine Freude zu
machen. Generell sei es immer eine gute Lebenseinstellung, «den
schönen Augenblick des Lebens zu genießen und dankbar dafür zu sein
»,
sagte Dreyer.

CHRISTIAN BALDAUF (CDU)

Der CDU-Fraktionschef beginnt wie in jedem Jahr auch diesmal am
Aschermittwoch mit dem Fasten. «Üblicherweise mache ich das mit
Freunden zusammen, da das Durchhalten dann leichter fällt»,
berichtete er. Auch in diesem besonderen Jahr will er trotz des
anstrengenden Wahlkampfs an dieser Tradition festhalten: «Gerade in
so einer stressigen Phase ist es wichtig, sich auf das Wesentliche zu
konzentrieren.»

Üblicherweise verzichtet Baldauf nach eigenen Worten auf Süßigkeiten,

Kaffee und Alkohol. «Am schwersten fällt es mir hier, auf Kaffee zu
verzichten, aber ich schaffe es, alles durchzuhalten», betont er.

MICHAEL FRISCH (AfD)

Der AfD-Landesvorsitzende stammt aus einer christlichen Familie, «in
der uns schon als Kindern ein gezielter Verzicht in der Fastenzeit
abverlangt wurde». Dabei sei Fasten nie Selbstzweck, sondern neben
dem pädagogischen Effekt zumeist auch mit einem sozialen Aspekt
verknüpft gewesen. Diese Tradition habe er später fortgesetzt.
Aufgrund des Wahlkampfes und der Corona-bedingten Einschränkungen
habe er in diesem Jahr ohnehin auf viele liebgewonnene Dinge
verzichten müssen, berichtete Frisch. «Ein besonderes Fastenopfer
fällt insofern aus.»

Fasten könne sich aber auch darin ausdrücken, dass man die Dinge, die
einem wichtig seien, bewusster erledige oder man besonders achtsam
mit seinen Mitmenschen umgehe. Am schwersten falle der Verzicht bei
Dingen, an die man sich über lange Zeit hinweg gewöhnt habe. «Aber
genau darin liegt für mich auch ein wesentlicher Sinn des Fastens: zu
prüfen, ob man diese Dinge wirklich braucht, oder ob es einfach
Gewohnheiten sind, auf die man problemlos verzichten kann und die
einen mehr in Beschlag nehmen, als es notwendig ist», betonte Frisch.

DANIELA SCHMITT (FDP)

Für Wirtschaftsstaatssekretärin Daniela Schmitt bietet die Fastenzeit
stets eine Möglichkeit, das Leben neu zu justieren. «Wir erkennen,
dass Dinge, die uns wichtig schienen, nicht so wichtig sind und
lernen andere neu zu schätzen» sagte sie. In diesem Sinne sei die
Fastenzeit nicht nur Verzicht, sondern auch Bereicherung. Der
Wahlkampf sei ein Widerspruch zum Fasten und lasse kaum Raum für Ruhe
und Besinnung. «Deshalb versuche ich, mir kleine Fastenmomente zu
schaffen, zum Beispiel durch kleine Momente des bewussten Verzichts
auf Erreichbarkeit.» Freilich sei dies im Wahlkampf sehr schwer
durchzuhalten.

Die Corona-Pandemie habe den Menschen sehr deutlich gemacht, dass
Dinge, die für selbstverständlich gehalten wurden, nicht
selbstverständlich seien. «Wir verzichten auf die Begegnungen mit
Familie und Freunden, auf Geselligkeit und vieles mehr.» Zwar würden
diese Begegnungen schmerzlich vermisst, aber deren Wert auch neu
geschätzt. «In gewisser Weise ist die Corona-Pandemie auch eine Form
der Fastenzeit.»

ANNE SPIEGEL (GRÜNE)

Die Familienministerin verzichtet während der Fastenzeit «auf nichts,
worauf ich nicht auch sonst verzichten würde». Sie sei seit ihrer
Jugend eine überzeugte Vegetarierin und setze fast ausschließlich auf
Bio-, regionale und Fair-Trade-Produkte. Dinge des täglichen Bedarfs
wie Kleidung, Bücher oder Spielsachen kaufe sie wenn möglich
secondhand.

«Wahlkampf bedeutet per se Verzicht», betonte sie. «Auf vieles, was
normalerweise zu meinem Alltag gehört, muss ich aktuell verzichten.»
Fastenzeit und Verzicht sind nach ihrer Ansicht etwas sehr
Persönliches und Individuelles. «Traditionen wie die Fastenzeit
können Halt geben, aber jetzt in dieser schwierigen Zeit auch
überfordern. Das muss also wirklich jeder und jede für sich selbst
wissen», sagte sie. Ihre Partei stehe für eine bewusste, nachhaltige
Lebensweise, die die endlichen Ressourcen in den Blick nehme und die
Umwelt schütze, «und zwar das ganze Jahr über und nicht nur in der
Fastenzeit».