Gratis-Schnelltests für alle - Zulassungsantrag für vierten Impfstoff Von Sascha Meyer und Anne-Béatrice Clasmann, dpa

Schnelltests können helfen, Corona unter Kontrolle zu halten -
gerade, wenn mehr Einrichtungen öffnen. Jetzt soll ihr Masseneinsatz
möglich werden. Und noch etwas schürt Hoffnung.

Berlin (dpa) - Ein weiterer Corona-Impfstoff und Gratis-Schnelltests
sollen helfen, das Virus einzudämmen - und so mittelfristig mehr
Lockerungen zu ermöglichen. Der US-Hersteller Johnson & Johnson
beantragte für seinen Impfstoff die europäische Zulassung, wie die
EU-Arzneimittelbehörde EMA am Dienstag in Amsterdam mitteilte. Es
wäre dann das vierte Vakzin mit einer bedingten Marktzulassung für
die Europäische Union - neben denen von Biontech/Pfizer, Moderna und
Astrazeneca. Daneben kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) an: «Ab 1. März sollen alle Bürger kostenlos von geschultem
Personal mit Antigen-Schnelltests getestet werden können.» Zu
bekommen sein könnten sie in Testzentren, Praxen und Apotheken. Näher
rückt auch ein breiter Einsatz von Selbsttests für Laien.

DER IMPFSTOFF: Noch ist Impfstoff überall in der EU knapp.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte daher den
Antrag von Johnson & Johnson, dessen Präparat anders als die
bisherigen Impfstoffe voraussichtlich nur ein Mal gespritzt werden
muss. Die EU-Kommission werde eine Zulassung gewähren, sobald die EMA
eine positive wissenschaftliche Bewertung abgegeben habe. Die Behörde
will das Vakzin bis Mitte März begutachten.

Von Johnson & Johnson hat die EU-Kommission Impfdosen für 200
Millionen Menschen bestellt und sich eine Option auf weitere 200
Millionen gesichert. Von der bestellten Menge würde Deutschland 36,7
Millionen erhalten.

DIE SCHNELLTESTS: Ihr Vorteil ist: Die Proben brauchen nicht extra
ins Labor zum Auswerten geschickt zu werden, sondern funktionieren
ähnlich wie Schwangerschaftstests, wie das Ministerium erklärt: Die
Probe kommt auf einen Teststreifen, der mit einer Verfärbung
reagiert. Dazu muss man sich aber von geschultem Personal einen
Nasen- oder Rachenabstrich abnehmen lassen, was unangenehm ist. Diese
Antigen-Tests gelten auch nicht als so genau wie sonst genutzte
PCR-Tests. Laut Robert Koch-Institut (RKI) muss ein positives
Ergebnis daher per PCR-Test bestätigt werden.

Genutzt werden können sie bereits jetzt in Pflegeheimen, Kliniken und
nach Infektionsfällen zum Beispiel in Schulen. Für einen
flächendeckenden Einsatz sind nun die Voraussetzungen gegeben, wie
das Ministerium in einem Entwurf für das Corona-Kabinett deutlich
macht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die verfügbaren
Tests hätten ihre Qualitätsprüfung bestanden. Das Angebot habe nach
Branchenangaben im Januar außerdem erstmals die Nachfrage
übertroffen.

Für den nächsten Schritt zum 1. März muss allerdings auch
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit ins Boot: Die Kosten sollen
rückwirkend ab 1. Januar aus dem Bundeshaushalt getragen werden, wie
es im Entwurf heißt. Angesetzt werden bis zu 9 Euro pro Test und
weitere 9 Euro für die Testabnahme sowie das Ausstellen eines
Zeugnisses. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz gab zu bedenken,
schon für tägliche Schnelltests in Heimen fehle vielerorts Personal.
«Wie das für zig Millionen Menschen flächendeckend gehen soll, ist
vollkommen schleierhaft.»

DIE LAIEN-SELBSTTESTS: Immer lauter wurden zuletzt auch Rufe nach
frei zu kaufenden Schnelltests, die man selbst und ohne Schulung zu
Hause machen kann - wie längst in einigen anderen Ländern. Dem
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte liegen mehrere
Anträge auf nationale Sonderzulassung vor. Die neuen
Laien-Schnelltests würden «schnellstmöglich geprüft und zugelassen
»,
sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Sein
Ressort steht in Verhandlungen mit Herstellern, um über
Rahmenverträge Mindestmengen für den deutschen Markt zu sichern.

«Diese Testmöglichkeiten können zu einem sicheren Alltag beitragen»
,
erwartet Spahn - gerade in Schulen und Kitas. SPD-Fraktionsvize
Bärbel Bas sagte, solche Spuck- und Gurgeltests seien viel einfacher
in der Handhabung. Parallel zu schrittweisen Öffnungen sollten Kinder
und Lehrende regelmäßig getestet werden oder auch Beschäftigte, die
nicht ins Homeoffice können. Sobald es genügend Tests gibt, hält auch

das Ministerium «einen niedrigschwelligen Zugang» für alle für
sinnvoll. Im Gespräch ist eine Eigenbeteiligung von einem Euro.

Der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore erklärte
indes, Antigentests und Heimtests seien als zusätzliche Unterstützung
der Corona-Verhaltensregeln zu sehen, aber nicht als Möglichkeit zum
Freitesten und damit verbundene Lockerungen.

DIE EINREISEREGELN: Zum Schutz vor neuen Virusvarianten verlängerte
die Bundesregierung strenge Regeln bei Einreisen nach Deutschland um
zwei Wochen bis 3. März. In der vom Kabinett beschlossenen Vorlage
heißt es, die «deutlich leichtere Übertragbarkeit» der mutierten
Viren sei dabei ebenso zu berücksichtigen wie mögliche, noch nicht
sicher belegte «Eigenschaftsänderungen der Mutationen». Die Regelung

war zunächst bis diesen Mittwoch befristet. Sie betrifft Länder, in
denen sich mutierte Virusvarianten bereits stark verbreitet haben.

Von dort dürfen derzeit fast nur noch Deutsche und Ausländer mit
Wohnsitz in Deutschland einreisen. Nach Großbritannien, Brasilien,
Portugal und Südafrika kamen auch Tschechien und weite Teile des
österreichischen Bundeslandes Tirol hinzu. Innenminister Horst
Seehofer (CSU) ordnete in Absprache mit Bayern und Sachsen stationäre
Kontrollen an diesen Grenzabschnitten an. Für Berufspendler aus
bestimmten Branchen gibt es Ausnahmen. Die EU-Kommission rief
Deutschland und andere EU-Staaten zu abgestimmtem Handeln auf. In
einem der dpa vorliegenden Brief dringen die zuständigen
EU-Kommissare Didier Reynders und Ylva Johansson darauf, dass der
Warenverkehr im Binnenmarkt nicht gestört wird.

Nach den Staus des Vortags entspannte sich die Verkehrslage bei der
Einreise von Tschechien und Tirol nach Deutschland am Dienstag. Doch
nach wie vor mussten viele wieder umkehren, weil sie nicht zu den
Ausnahmefällen zählten oder als solche kein negatives Testergebnis
oder eine Einreise-Anmeldung vorweisen konnten.