Vierter Corona-Impfstoff? Johnson & Johnson beantragt EU-Zulassung

Überall in der Europäischen Union fehlt Corona-Impfstoff. Die
EU-Kommission steht deshalb heftig in der Kritik. Doch in wenigen
Wochen könnte sich die Lage schrittweise entspannen.

Amsterdam/Brüssel (dpa) - Mitte März könnte ein vierter
Corona-Impfstoff in Europa auf den Markt kommen und den Mangel an
Impfstoffen lindern. Wie die EU-Arzneimittelbehörde EMA am Dienstag
mitteilte, hat der US-Hersteller Johnson & Johnson die Zulassung für
sein Vakzin beantragt. Die EMA sagte eine schnelle Prüfung zu. Sollte
das Gutachten positiv ausfallen, will die EU-Kommission die Zulassung
rasch erteilen. «Mehr sichere und wirksame Impfstoffe sind auf dem
Weg», schrieb Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter.

Derzeit sind in der EU die Corona-Impfstoffe von Biontech/Pfizer,
Moderna und Astrazeneca auf dem Markt. Doch sie sind noch überall in
der EU knapp, weil die Produktion erst langsam hochgefahren wird. Von
Johnson & Johnson hat die EU-Kommission Impfdosen für 200 Millionen
Menschen bestellt. Zudem hat sie eine Option auf ausreichende Mengen
für noch einmal 200 Millionen Personen. Die Besonderheit:
Voraussichtlich reicht eine Dosis zur Immunisierung. Alle übrigen
derzeit genutzten Vakzine müssen zweimal gespritzt werden.

Nach Zwischenergebnissen seiner klinischen Tests hatte der Hersteller
bekannt gegeben, dass der Impfstoff vier Wochen nach Verabreichung
einen 66-prozentigen Schutz vor mittleren oder schweren Covid-19-
Krankheitsverläufen biete. Die Wirksamkeit gegen schweren
Erkrankungen wurde mit 85 Prozent angegeben. Die Werte liegen etwas
unter denen der Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna, gelten
aber immer noch als gut.

Die EMA erklärte, man werde das Vakzin der Johnson & Johnson-Tochter

Janssen-Cilag International N.V. in einem beschleunigten Verfahren
prüfen. Der zuständige Ausschuss könnte seine Bewertung Mitte März

abgeben. Voraussetzung sei, dass die Daten der Firma zur Wirksamkeit,
Sicherheit und Qualität umfassend und robust seien. Eine so kurze
Prüfung sei nur möglich, weil die EMA bereits einige Daten im
sogenannten Rolling-Review-Verfahren vorab begutachtet habe.

Zur Wirkungsweise erläuterte die EMA, der Impfstoff von Janssen
bereite den Körper darauf vor, sich selbst gegen Covid-19 zu wehren.
Das Vakzin nutze dafür ein sogenanntes Adenovirus, das so verändert
worden sei, dass das Gen zur Produktion eines sogenannten
Sars-Cov-2-Spike-Proteins enthalten sei. Dieses Gen werde in die
Körperzellen geschleust. Diese nutzten das Gen zur Produktion des
Spike-Proteins. Das wiederum rege die Produktion von Antikörpern an
und aktiviere die Abwehr durch weiße Blutkörperchen.

Johnson & Johnson hatte in den USA bei der Arzneimittelbehörde FDA
kürzlich eine Notfallzulassung für den Impfstoff beantragt. Die EU
pocht auf hingegen auf eine reguläre bedingte Marktzulassung. Dafür
nötig ist eine ausführlichere Prüfung. Der Vorteil ist nach
EU-Angaben größeres Vertrauen der Bürger in Sicherheit und
Wirksamkeit, zudem sei die Herstellerhaftung damit geregelt.

Von der Leyen stand zuletzt wegen des Impfstoffmangels in Europa
enorm unter Druck. Ab dem zweiten Quartal soll sich die Lage aber
nach Erwartung der EU-Kommission so oder so entspannen. Nach 100
Millionen Impfdosen in den ersten drei Monaten sollen von April bis
Juni noch einmal 300 Millionen Dosen der bereits zugelassenen
Impfstoffe kommen. Etwaige Lieferungen von Johnson & Johnson kämen
oben drauf.