Sieben-Tage-Inzidenz sinkt in Hamburg kaum

Bei den Corona-Zahlen will es nicht mehr so recht vorwärtsgehen: Seit
nunmehr elf Tagen pendelt die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg
zwischen 66,8 und 70,0 - dabei sind nach Einschätzung des Senats
Werte unter 35 nötig, um über Ladenöffnungen nachdenken zu können.


Hamburg (dpa/lno) - Hamburg kommt bei der Eindämmung der
Corona-Pandemie nur schleppend voran. Die Sieben-Tage-Inzidenz - also
die Zahl neuer Ansteckungen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche
- dümpelt seit inzwischen elf Tagen zwischen 66,8 und 70,0. Um über
die Öffnung etwa von Geschäften nachdenken zu können, müssen die
Werte jedoch nicht nur wie bisher auf unter 50 sinken, sondern seit
dem jüngsten Beschluss der Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) auf unter 35.

Hintergrund seien die deutlich ansteckenderen britischen und
südafrikanischen Corona-Mutanten, sagte Senatssprecher Marcel
Schweitzer am Dienstag. Den Angaben zufolge sind in Hamburg bislang
neun Fälle mit der britischen Variante B.1.1.7 (plus zwei im
Vergleich zur Vorwoche) und zwei Fälle der südafrikanischen Variante
B.1.135 (plus eins) nachgewiesen worden. In zwei Fällen sei eine
dritte Variante mit der Bezeichnung B.1.258 festgestellt worden.

Schweitzer sprach mit Blick auf die Inzidenz von einer
Seitwärtsbewegung. Das zeige auch der sogenannte geglättete R-Wert,
der nach 0,85 vor einer Woche nun bei 0,93 liege. Der R-Wert wird
auch Reproduktionszahl genannt und gibt an, wie viele Menschen ein
Infizierter ansteckt. Liegt diese Zahl unter eins, deutet es darauf
hin, dass die Epidemie abflaut. Denn dann steckt ein Infizierter im
Schnitt weniger als eine weitere Person an. «Wir müssen die Zahlen so
nehmen, wie sie sind», sagte Schweitzer. Der Senat gehe aber weiter
davon aus, dass die Inzidenz auch in Hamburg gesenkt werden könne.

Voraussetzung sei allerdings, dass sich alle an die Regeln hielten.
«Bitte verzichten Sie auf nicht notwendige Reisen», sagte Schweitzer
mit Blick auf die Anfang des Monats beginnenden Märzferien. Das
Beachten der Regeln sei besonders wichtig, auch weil weiterhin ein
diffuses und nicht genau lokalisierbares Infektionsgeschehen bestehe.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde stieg die Zahl der nachgewiesenen
Neuinfektionen am Dienstag um 151 - 36 weniger als am Montag und 11
weniger als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank im
Vergleich zum Vortag von 67,7 auf 67,1. Am Montag vor einer Woche lag
dieser Wert bei 67,6.

Die Zahl der Menschen in Hamburg, die seit Beginn der Pandemie an
oder mit dem Virus starben, wurde vom Robert Koch-Institut (RKI) mit
1197 angegeben - einer mehr als am Vortag. Der Gesundheitsbehörde
zufolge haben sich seit Beginn der Pandemie etwa 49 300 Menschen
nachweislich infiziert. Etwa 43 900 gelten nach RKI-Angaben als
genesen.

Auf den Intensivstationen der Hamburger Krankenhäuser wurden am
Dienstag dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung
für Intensiv- und Notfallmedizin zufolge 78 Corona-Patienten
behandelt - acht mehr als am Vortag. Davon mussten 37 invasiv beatmet
werden - einer weniger als am Montag.

«Die Schutzimpfungen in Hamburg nehmen stetig zu», sagte Schweitzer.
Nach RKI-Angaben wurden bis einschließlich Montag in Hamburg 67 681
Menschen mindestens einmal geimpft. 36 062 Frauen und Männer haben
schon zwei Impfungen. Überwiegend wurde der Impfstoff von
Biontech/Pfizer (62 560) eingesetzt. Deutlich weniger benutzt wurden
die Produkte von AstraZeneca (3517) und Moderna (1604).

Zu Berichten über starke Nebenwirkungen beim Impfstoff Astrazeneca
sagte Schweitzer: «Jeder Mensch reagiert anders auf eine Impfung.»
Das sei von anderen Impfungen bekannt. «Das muss man dann auch in
Kauf nehmen.» AstraZeneca gelte nach wie vor als sicher und werde in
Hamburg auch weiter eingesetzt. Schweitzer betonte: «Das Risiko einer
schweren Erkrankung ist deutlich niedriger, wenn man sich impfen
lässt als wenn man sich nicht impfen lässt.»

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg,
Walter Plassmann, sieht keine Probleme bei der Verwendung von
Astrazeneca. «Was wir da beobachten, sind keine Nebenwirkungen. Das
sind Reaktionen auf die Impfungen. Das ist also gewünscht.» Wenn
jemand nach einer Impfung Gliederschmerzen und leichtes Fieber habe
und sich matt fühle, «dann ist das genau das Zeichen, dass der Körper

das macht, was der Impfstoff gesagt hat».

Bei älteren Menschen sei das Immunsystem schon ein wenig träge
geworden und jüngere Leute reagierten deshalb im Vergleich stärker
darauf. «Astrazeneca geht an jüngere Leute, deswegen beobachten wir
das da häufiger. Das ist aber ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass der
Impfstoff in der Tat wirkt.»

Genau die gleichen Reaktionen habe es bei jüngeren Leuten auch mit
dem Wirkstoff von Biontech/Pfizer gegeben, sagte der ärztliche Leiter
des Impfzentrums in den Messehallen, Dirk Heinrich. «Wir haben bei
allen Impfstoffen die üblichen Impfnebenwirkungen, die bei
Astrazeneca schon bei der ersten Impfung und bei Biontech verstärkt
erst nach der zweiten Impfung auftreten.» Gesunde ältere Menschen
verbrächten dann in aller Regel einen Tag im Bett, tränken Tee und
nähmen Schmerztabletten. «Aber wenn Sie Feuerwehrmann sind, der
gegebenenfalls unter Atemschutz arbeiten muss, dann müssen Sie sich
eben krank melden an dem Tag. Und dann fällt es eben auf.»

Die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass
es vom 1. März an bundesweit kostenlose Corona-Schnelltests gebe,
habe der Senat «mit Interesse zur Kenntnis genommen», sagte
Schweitzer. Denn «es ist im Moment nicht möglich, diese Tests jetzt
schon zu kaufen». Auch habe das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte erst am Montag von Bestellungen dringend abgeraten,
weil nicht klar sei, welche Produkte überhaupt zugelassen werden.