Gratis-Schnelltests für alle sollen Corona-Lockerungen absichern Von Sascha Meyer und Anne-Béatrice Clasmann, dpa

Um Corona unter Kontrolle zu halten, sind Schnelltests ein wichtiges
Instrument - gerade, wenn mehr Einrichtungen öffnen. Jetzt soll der
Masseneinsatz möglich werden, aber zuerst aus fachkundigen Händen.

Berlin (dpa) - Gratis-Schnelltests auf das Coronavirus sollen bald
auf breiter Front zu haben sein - und so auch mögliche Lockerungen
von Alltagsbeschränkungen absichern. «Ab 1. März sollen alle Bürger

kostenlos von geschultem Personal mit Antigen-Schnelltests getestet
werden können», kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
am Dienstag an. Zu bekommen sein könnten sie in Testzentren, Praxen
und Apotheken, finanzieren soll das der Bund. Näher rückt nun auch
ein breiter Einsatz von Selbsttests für Laien. Das Bundeskabinett
verlängerte außerdem strengere Regeln für Einreisende aus Gebieten
mit neuen, ansteckenderen Virusvarianten vorerst bis zum 3. März.

Spahn erläuterte, Schnelltests seien mittlerweile ausreichend am
Markt verfügbar. Der Vorteil: Proben brauchen nicht extra ins Labor
zum Auswerten geschickt zu werden. Sie funktionieren ähnlich wie
Schwangerschaftstests, wie das Ministerium erklärt: Die Probe kommt
auf einen Teststreifen, der mit einer Verfärbung reagiert. Dazu muss
man sich aber einen Nasen- oder Rachenabstrich abnehmen lassen, was
nicht einfach ist. Diese Antigen-Tests gelten jedoch als nicht so
genau wie sonst genutzte PCR-Tests. Laut Robert Koch-Institut (RKI)
muss ein positives Ergebnis daher per PCR-Test bestätigt werden.

DIE SCHNELLTESTS: Für flächendeckende Schnelltests sind nun die
Voraussetzungen gegeben, wie das Ministerium in einem Entwurf für das
Corona-Kabinett deutlich macht. Die verfügbaren Tests hätten ihre
Qualitätsprüfung bestanden. Das Angebot habe nach Branchenangaben im
Januar außerdem erstmals die Nachfrage übertroffen - rechtzeitig zur
angestrebten schrittweisen Aufhebung von Kontaktbeschränkungen des
«Winter-Lockdowns», heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur
vorliegenden Papier. Genutzt werden können Schnelltests bereits in
Pflegeheimen, Kliniken und nach Infektionsfällen zum Beispiel in
Schulen.

Für den nächsten großen Schritt zum 1. März muss allerdings auch
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit ins Boot. Da die Tests der
Pandemiebekämpfung und öffentlichen Gesundheit dienten, seien die
Kosten rückwirkend ab 1. Januar aus dem Bundeshaushalt zu tragen,
heißt es im Entwurf. Angesetzt werden bis zu 9 Euro pro Test und
weitere 9 Euro für die Testabnahme sowie das Ausstellen eines
Zeugnisses. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz gab zu bedenken,
schon für tägliche Schnelltests in Heimen fehle vielerorts Personal.
«Wie das für zig Millionen Menschen flächendeckend gehen soll, ist
vollkommen schleierhaft.»

DIE LAIEN-SELBSTTESTS: Immer lauter wurden zuletzt auch Rufe nach
frei zu kaufenden Schnelltests, die man selbst und ohne Schulung zu
Hause machen kann - wie längst schon in einigen anderen Ländern.
Spahn hat klar gemacht, dass die Tests hierzulande erst amtlich
gecheckt werden sollen. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte liegen mehrere Anträge auf nationale Sonderzulassung
vor. Die neuen Laien-Schnelltests würden «schnellstmöglich geprüft

und zugelassen», sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(Mittwoch). Sein Ressort steht in Verhandlungen mit Herstellern, um
über Rahmenverträge Mindestmengen für den deutschen Markt zu sichern.


«Diese Testmöglichkeiten können zu einem sicheren Alltag beitragen»
,
erwartet Spahn - gerade auch in Schulen und Kitas. SPD-Fraktionsvize
Bärbel Bas sagte, solche Spuck- und Gurgeltests seien viel einfacher
in der Handhabung. Parallel zu schrittweisen Öffnungen sollten Kinder
und Lehrende regelmäßig getestet werden. Solche Tests könne es auch
an Arbeitsplätzen geben, die nicht ins Homeoffice zu verlagern sind.
«Es gilt, die Monate zu überbrücken, bis wir über einen breiten
Impfschutz verfügen.» Sobald es genügend Tests gibt, hält auch das

Ministerium «einen niedrigschwelligen Zugang» für alle für sinnvoll
.
Im Gespräch ist «eine geringe Eigenbeteiligung» von einem Euro.

Der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore erklärte
indes, Antigentests und Heimtests seien als zusätzliche Unterstützung
der Corona-Verhaltensregeln zu sehen, aber nicht als Möglichkeit zum
Freitesten und damit verbundene Lockerungen. Ärztepräsident Klaus
Reinhardt sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, Selbsttests
dürften etwa beim Öffnen von Kulturveranstaltungen und Freizeitsport
nicht zu Ausgrenzung führen. Es dürfe auch nicht dazu kommen, dass
sich Einkommensschwache die Tests nicht leisten könnten.

DIE EINREISEREGELN: Zum Schutz vor neuen Virusvarianten verlängerte
die Bundesregierung strenge Regeln bei Einreisen nach Deutschland um
zwei Wochen. In der vom Kabinett beschlossenen Vorlage heißt es, die
«deutlich leichtere Übertragbarkeit» der mutierten Viren sei dabei
ebenso zu berücksichtigen wie mögliche, noch nicht sicher belegte
«Eigenschaftsänderungen der Mutationen». Die Regelung war zunächst

bis diesen Mittwoch befristet. Sie betrifft Länder, in denen sich
mutierte Virusvarianten bereits stark verbreitet haben.

Von dort dürfen derzeit fast nur noch Deutsche und Ausländer mit
Wohnsitz in Deutschland einreisen. Nach Großbritannien, Brasilien,
Portugal und Südafrika kamen auch Tschechien und weite Teile des
österreichischen Bundeslandes Tirol hinzu. Innenminister Horst
Seehofer (CSU) ordnete in Absprache mit Bayern und Sachsen stationäre
Kontrollen an diesen Grenzabschnitten an. Für Berufspendler aus
bestimmten Branchen gibt es Ausnahmen. FDP-Faktionsvize Stephan
Thomae kritisierte, selbst ein Jahr nach Beginn der Pandemie habe die
Regierung kein anderes Rezept als «faktische Grenzschließungen».

Nach den Staus des Vortags entspannte sich die Verkehrslage bei der
Einreise von Tschechien und Tirol nach Deutschland am Dienstag. Doch
nach wie vor mussten viele wieder umkehren, weil sie nicht zu den
Ausnahmefällen zählten oder als solche kein negatives Testergebnis
oder eine Einreise-Anmeldung vorweisen konnten.