Gutachter: «Waldläufer von Oppenau» teils vermindert schuldfähig

Offenburg (dpa) - Im Verfahren um seine spektakuläre Flucht mit
gestohlenen Polizeiwaffen im Schwarzwald hat ein Psychiater dem
Beschuldigten eine zumindest teilweise verminderte Schuldfähigkeit
bescheinigt. Yves R. leide an einer kombinierten
Persönlichkeitsstörung, sagte Gutachter Dr. Stephan Bork am Dienstag
vor dem Landgericht Offenburg. Für die Festnahmesituation, als R.
einen Beamten mit einem Beil verletzte, stellte der Gutachter eine
verminderte Schuldfähigkeit fest, nicht jedoch für die vorangegangene
Entwaffnung der Polizisten.

Der als «Waldläufer von Oppenau» bekannt gewordene Mann hatte im Juli

2020 bei der Kontrolle einer von ihm illegal bewohnten Waldhütte im
Schwarzwald vier Polizisten entwaffnet und war mit deren Dienstwaffen
in den Wald geflohen. Die Polizei suchte mit einem Großaufgebot nach
dem heute 32-Jährigen. Erst fünf Tage später gelang die Festnahme in

einem Gebüsch nahe Oppenau. R. verletzte dabei einen SEK-Beamten mit
einem Beil am Fuß. Er ist unter anderem wegen Geiselnahme angeklagt.
Ein Urteil wird für Freitag erwartet.

Vor seiner Festnahme habe sich der hungrige, durstige und
übernächtigte Mann in einer affektiven Ausnahmesituation befunden -
und in einer für ihn ausweglosen Pattsituation. Sein Verständnis von
Ehre habe es ihm unmöglich gemacht, aufzugeben. Sein Lebenswille sei
jedoch so stark gewesen, dass er keine der gestohlenen Waffen habe
ziehen wollen. Dann habe ihn ein Taser getroffen, woraufhin er mit
dem Beil in Richtung des Schmerzreizes geschlagen und den SEK-Beamten
getroffen habe. Keine affektive Ausnahmesituation habe jedoch für R.
geherrscht, als er in der Hütte von den Polizisten kontrolliert
worden sei. Der Gutachter beschrieb R. als einen intelligenten Mann,
der in seinen Verhaltensmustern jedoch deutlich von gesellschaftlich
akzeptierten Normen abweiche.