Justizminister mahnt baldige Lockerung des Lockdowns an

Schon beim Unterschreiten des landesweiten Inzidenzwertes von 50 in
der Corona-Pandemie muss es nach Ansicht von Herbert Mertin
«substanzielle Öffnungsschritte» geben. Die Mahnung des
Kabinettsmitglieds kommt zur rechten Zeit, findet die IHK.

Mainz (dpa/lrs) - Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert
Mertin (FDP) hat eine baldige Rücknahme der «derzeitigen
Grundrechtseingriffe aufgrund der Corona-Bekämpfungsverordnung des
Landes» angemahnt. Die landesweite Inzidenz der nachgewiesenen
Corona-Neuinfektionen, also der Infektionen je 100 000 Einwohner der
vergangenen sieben Tage, liege in dem Bundesland seit mehreren Tagen
in Folge unter dem Wert von 50, erklärte er am Dienstag.

Das im vergangenen Jahr angepasste Infektionsschutzgesetz des Bundes
sehe ausdrücklich eine Inzidenz von über 50 vor, damit «umfassende
Schutzmaßnahmen» zur Eindämmung der Pandemie ergriffen werden dürfe
n.
Bei einer Inzidenz zwischen 35 und 50 erlaube das Gesetz dagegen nur
noch «breit angelegte» Schutzmaßnahmen, unterhalb der Inzidenz von 35

sogar nur noch «unterstützende Schutzmaßnahmen», erklärte der
Justizminister.

Zwischen den verschiedenen Inzidenzen bestehe ein klar definiertes
Stufenverhältnis, betonte Mertin. «Es ist daher verfassungsrechtlich
zwingend, dass bereits bei einem stabilen Unterschreiten der Schwelle
von 50 substanzielle Öffnungsschritte eingeleitet werden müssen»,
forderte er. «Dieser Schwellenwert steht auch nicht im Belieben der
Bundesregierung und der Ministerpräsidentinnen und
Ministerpräsidenten.»

Wenn aufgrund der Mutationen des Coronavirus und einer damit
verbundenen erhöhten Gefährlichkeit die Inzidenzwerte angepasst
werden müssten, dann müsse dazu das Infektionsschutzgesetz des Bundes
erneut geändert werden, sagte der Minister. Der Bundestag habe im
vergangenen Jahr mehrfach demonstriert, dass das notfalls auch in
wenigen Tagen möglich sei. Die Bürgerinnen und Bürger dürften
erwarten, dass die gesetzlichen Bestimmungen des
Infektionsschutzgesetzes von der Politik eingehalten werden.

«Wenn die Inzidenz unter 50 kommt, muss über Lockerungen nachgedacht
werden», sagte der Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl,
Christian Baldauf, in der Sat.1-Sendung «17:30 Sat.1 Live». Die
Schulen und Kindertagesstätten müssten zurück in den Regelbetrieb.
«Dann kommt die Frage: Was machen wir mit der Gastronomie, mit dem
Einzelhandel? Die brauchen dringend Unterstützung.» Da die Gäste der

Gastronomie von außerhalb anreisten, auch aus Gebieten mit hoher
Inzidenz, sei diese Frage schwierig zu beantworten.

Die Mahnung des Justizministers kommt nach Ansicht der Industrie- und
Handelskammer (IHK) «zur rechten Zeit». Der Hauptgeschäftsführer de
r
IHK Rheinhessen, Günter Jertz, erklärte, es wäre ein Zeichen an die
Wirtschaft, wenn eine Öffnungsperspektive für den 1. März käme.
Angesichts der im Ländervergleich sehr hohen Impfrate in
Rheinland-Pfalz könnte das Land den Einzelhandel zu diesem Termin
wieder öffnen - selbstverständlich unter den gebotenen
Hygienemaßnahmen. Ein derartiger Schritt würde «auch die aus
Infektionsschutzgesichtspunkten nicht begründbare Ungleichbehandlung
von Discountern und Fachhandel beenden», sagte Jertz.