Schleswig-Holstein schreibt Osterurlaub nicht ab

Die Debatte um Urlaub an Ostern verärgert Politik und Tourismus in
Schleswig-Holstein. Ministerpräsident Günther hält Ferien innerhalb
Deutschlands dann für möglich. Signale kommen aus dem Nachbarland.

Kiel (dpa/lno) - Trotz Corona-Pandemie hält Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Osterurlaub für realistisch.
«Bei uns in Deutschland sehe ich sehr wohl die Möglichkeit, dass wir
Inlandstourismus bis zu diesem Zeitpunkt möglich machen», sagte
Günther am Montag. «Und das Wichtigste aus meiner Sicht ist: Ostern
ist noch sieben Wochen hin, und heute ist es mit Sicherheit
grundfalsch, unabhängig von der Inzidenz schon Urlaube abzusagen.»
Auch Tourismusbranche und Gastgewerbe hoffen auf das Ostergeschäft.

Die Debatte um den Osterurlaub hatte Sachsens Ministerpräsident
Michael Kretschmer (CDU) ausgelöst. «Ich bin dafür, Wahrheiten
auszusprechen: Osterurlaub in Deutschland kann es dieses Jahr leider
nicht geben», sagte Kretschmer der «Bild am Sonntag».

Günther äußerte sich deutlich optimistischer. Bund und Länder hät
ten
sich darauf verständigt, bei den nächsten Öffnungsschritten
Gastronomie und Hotels mit in den Blick zu nehmen. Natürlich sei über
Testungen und den Umgang mit Gebieten mit relativ vielen
Corona-Fällen zu reden. «Aber definitiv sehe ich für den Tourismus
eine Perspektive ab Ostern.» Er werde Hotelbesitzern nicht davon
abraten, Buchungen für die Ostertage anzunehmen. «Aber ich kann auch
keine Garantie dafür geben, dass sich die Zahlen weiter so positiv
entwickeln.»

Die Tourismus-Agentur hofft auf einen Neustart. «Eine Entscheidung
gegen eine Öffnung zu Ostern ist meines Erachtens zum jetzigen
Zeitpunkt verfrüht», sagte Geschäftsführerin Bettina Bunge der
Deutschen Presse-Agentur. «Mit der nötigen Vorbereitungszeit können
die Betriebe zu Ostern öffnen, wenn die Inzidenzzahlen weiter sinken,
so dass sicheres Reisen möglich ist.» Die Menschen wollten wieder
reisen, aber «möglichst erstmal in der Nähe zum Heimatort bleiben,
und mit dem Gefühl der Sicherheit, Planbarkeit und kurzfristigen
Änderungsmöglichkeit».

Laut Tourismus-Agentur erzielt die Branche mit ihren mehr als 160 000
Beschäftigten pro Jahr etwa 9,5 Milliarden Euro Umsatz. «Der erneute

Ausfall des Ostergeschäfts würde unserer Tourismusbranche insgesamt
Umsatzverluste in Millionenhöhe verursachen und größtenteils nicht
durch eine Verlagerung der Reisen in andere Monate kompensiert werden
können», sagte Bunge.

Das Gastgewerbe zeigte sich verärgert über die Debatte. «Die
pauschale Absage des Osterurlaubs ist völlig inakzeptabel und ein
erneuter Schlag ins Gesicht der Branche», kritisierte Guido Zöllick,
Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga).

Schleswig-Holsteins SPD-Landtagsfraktion forderte einen stufenweisen
Tourismus-Neustart nach dem Lockdown. «Die touristischen Betriebe in
Schleswig-Holstein brauchen eine Perspektive», sagte die
Tourismuspolitikerin Regina Poersch dpa. «Die Landesregierung wäre
daher gut beraten, sich auf die Urlaubssaison in unserem Land
vorzubereiten und sich dabei mit unseren norddeutschen
Nachbar-Bundesländern abzustimmen.»

Das Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern sucht das Gespräch mit der
Landesregierung. Er strebe möglichst einheitliche Regelungen mit
Schleswig-Holstein an, sagte Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU).

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU im Landtag in Kiel,
Hans-Jörn Arp, rechnet damit, dass die Situation in drei Wochen
besser abzuschätzen sei. «Wenn die Inzidenzen weiter runtergehen und
ein Wert von 35 und weniger erreicht wird in den nächsten drei
Wochen, dann spricht nichts gegen eine Öffnung der Gastronomie und
Hotellerie zum Ostergeschäft gemäß unseres Perspektivplans.» Die
FDP-Tourismuspolitikerin Annabell Krämer sagte, «nach den
monatelangen massiven Beschränkungen haben die Menschen einen
verstärkten und verständlichen Wunsch nach Urlaub». Sechs Wochen vor

Beginn der Osterferien und angesichts derzeit sinkender Inzidenzwerte
sei ein «pauschaler Abgesang des Osterurlaubs» wenig hilfreich.

Für Kritik der SPD-Landesvorsitzenden Serpil Midyatli sorgten
unterdessen Ausagen von Günther in der «Welt» (Montag) zu den
Corona-Beschlüssen von Bund und Ländern. «Wenn wir ständig neue Din
ge
beschließen und erklären müssen, wie jetzt die Zahl 35 als neues
Inzidenz-Ziel, dann irritiert das die Menschen mehr, als dass dies
Perspektive schafft», sagte Günther. Midyatli betonte, Günther wolle

damit verdecken, «dass er mit seinem Stufenplan krachend gescheitert
ist und in Berlin offensichtlich keine Durchsetzungskraft besitzt».
Wer einem Ergebnis zugestimmt habe, dürfe sich nicht «feige vom
Acker» machen.