Gastgewerbe bangt um Ostergeschäft

In sechs Wochen beginnen die Osterferien. Viele Menschen sind lange
nicht gereist. Doch es gibt Zweifel, ob die Infektionslage dann einen
Tapetenwechsel erlaubt. Mancher rät zum Abwarten.

Berlin (dpa/bb) - Bootfahren in Brandenburg? Stadttouren in Berlin?
Über dem Osterurlaub in der Region steht noch ein großes
Fragezeichen. Das Gastgewerbe sieht die nun entbrannte politische
Diskussion um den ersten größeren Reiseanlass des Jahres mit Sorge.
Führende Politiker hatten am Wochenende mitgeteilt, dass sie
angesichts der Corona-Pandemie keine Chance für Urlaubsreisen zu
Ostern sähen.

«Klar hatte man die Hoffnung auf April. Das fällt jetzt weg», hieß
es
beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Berlin. Das absehbare
Ausbleiben vieler Urlauber auch an Ostern verstärkt die Nöte von
Hoteliers und Gastwirten.

Denn üblicherweise beginne nach mehreren Messen von Januar bis März
für die Hoteliers in der Osterzeit das Geschäft mit Urlaubern. Die
Betriebe seien auf die Einnahmen dringend angewiesen, sagte
Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder. Größtenteils warteten sie
noch immer auf zugesagte staatliche Hilfen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke(SPD) zeigte sich am
Montag zurückhaltend. «Eine so weitgehende Vorhersage - Ostern ist in
sechs Wochen - lässt sich jetzt noch nicht machen», sagte er. Ähnlich

äußerte sich der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert.
Woidke hatte bislang die Bürger aufgerufen, auf touristische Reisen,
Tagesausflüge und nicht notwendige Reisen zu verzichten.

Berlins Tourismus- und Kongressgesellschaft hatte schon zum
Jahreswechsel deutlich gemacht, sie rechne erst im Sommer mit
Besuchern in nennenswerter Zahl. «Wir würden nichts lieber tun als
Gäste zu Ostern zu begrüßen», sagte Sprecher Christian Tänzler.
«Die
Branche liegt am Boden.» Man könne aber jetzt für Ostern noch keine
Vorhersage machen.

Auslöser der Diskussion waren Äußerungen des sächsischen
Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) am Wochenende. Er hatte
der «Bild am Sonntag» gesagt: «Ich bin dafür, Wahrheiten
auszusprechen: Osterurlaub in Deutschland kann es dieses Jahr leider
nicht geben.» Zu große Mobilität bereits im April sei Gift. Hotels
und Gaststätten müssten über Ostern geschlossen sein, in den Theatern

könne der Spielbetrieb erst danach wieder aufgenommen werden.

Auf Bundesebene wies der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) diese
Äußerung als «völlig inakzeptabel» zurück. Lengfelder verwies a
uf die
sinkende Zahl der Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren.
Bundesweit waren es laut Robert-Koch-Institut am Montag binnen sieben
Tagen rund 59 je 100 000 Einwohner.

«Jeder hat gehofft: Wenn die 50 erreicht wird, wird gelockert», sagte
Lengfelder. Angesichts von Mutationen des Virus haben sich Bund und
Länder in der vergangenen Woche jedoch verständigt, einen «stabilen
»
Wert von 35 als Richtschnur für Lockerungen zu nehmen. Lengfelder
forderte Öffnungsschritte mit klar festgelegten Bedingungen.

«Es geht von einer Hängepartie in die andere, es gibt einen
riesengroßen Frust», beschrieb er die Lage. «Viele sind kurz vor der

Pleite.» Von den staatlichen Hilfsgeldern seien meist erst Abschläge
geflossen, Pacht und Gehälter liefen jedoch weiter. Bankkredite seien
schwer zu bekommen, weil nicht klar sei, wann die Betriebe wieder
Einnahmen haben.

Etwa jedes dritte Hotel in Berlin hat nach Dehoga-Angaben
vorübergehend geschlossen. Die übrigen beherbergen noch wenige
Geschäftsreisende. Von den knapp 100 000 sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten der Branche seien knapp 15 000 gekündigt worden. 50 000
seien in Kurzarbeit.